Homewards – Prince William macht Nägel mit Köpfen

Es ist eine Win-Win- Situation.
Der Prince of Wales nimmt 3 Millionen Pfund in die Hand, um seinem Projekt HomeWards einen guten Start zu verschaffen. Dadurch erreicht er internationale, positive Publicity und die Obdachlosen bekommen eine Zukunft.

Was macht HomeWards? Das Projekt soll auf Land, das sich im Besitz der Krone befindet, Wohnprojekte für Obdachlose aufziehen. Dort soll den Menschen aber mehr als nur ein Dach über dem Kopf verschafft werden.

In einem 5 – Jahres- Plan und an sechs Muster-Orten will der Prinz zusammen mit der Royal Foundation gemeinsam mit seiner Frau, der Prinzessin Catherine, die Obdachlosigkeit für immer beseitigen. Ein großes Vorhaben mag man denken. Vielleicht sogar ein bisschen größenwahnsinnig? Selbst wenn! Es ist großartig, dass jemand den Mut hat, es überhaupt anzugehen.

Wenn man jetzt fragt, was Prinzessin Catherine dabei tut – In ihrem Projekt zum frühkindlichen Lernen, so sagt sie selbst, hat sie festgestellt, wie ungeheuer viele Kinder von der Wohnsitzlosigkeit betroffen sind. Von daher ist sie sozusagen die natürliche Fürsprecherin für die Kinderbelange in dieser Konstellation.

Erste Unterstützer hat Prince William bereits: die Führungsspitzen diverser wohltätiger Organisationen haben sich seinem Kampf angeschlossen. Aber auch Prominente engagieren sich. So unter anderem Geri Halliwell Horner, Sara Cox, Gail Porter, Sir Bryn Terfel, Tyrone Mings etc. Dazu kommen noch Firmen wie IKEA, Homebase, NatWest Group, Salesforce und viele andere.


Wie aber soll das nun funktionieren? Was unterscheidet HomeWards von anderen Initiativen?

Der Plan sieht so aus: An den Muster-Plätzen wird mit lokalen Gruppen und Unterstützern gearbeitet. Man stellt dem Projekt ein engmaschiges Netz an Partnern zur Verfügung.
Es sollen vor Ort individuelle Pläne erstellt werden, um die Obdachlosigkeit zu beenden.
Denn, so gibt der Prinz zu bedenken: Obdachlosigkeit ist nicht erst dann gegeben, wenn jemand mit Zeitungen zugedeckt im Park schläft.
Es gibt geschätzt alleine im Vereinigten Königreich eine halbe Million Menschen, die sich dadurch über Wasser halten, dass sie bei Freunden auf der Couch schlafen, in ihren Autos wohnen oder in billigen Jugendherbergen unterkommen.

Jedem Standort werden 500.000 Pfund als Starthilfe zur Verfügung gestellt. Zudem gibt es ein Qualitätsmanagement, mit dem der Erfolg der einzelnen Maßnahmen gewertet wird.

HomeWards will auch eine Plattform sein, die Menschen zu Wort kommen lässt, die obdachlos waren, um ein Bewusstsein für die Problematik zu schaffen. Dafür, das Problem offen anzusprechen und sich nicht länger zu verstecken.

Es gibt auch Vorbilder: in Finnland zum Beispiel wird seit Jahren erfolgreich ein solches Programm betrieben.


Dianas Erbe

Wie die meisten sicherlich wissen, war Obdachlosigkeit bereits für Prinzessin Diana ein großes Thema.
So hat sie ihre Söhne immer wieder zu entsprechenden Hilfsorganisationen mitgenommen und William hat als Erwachsener öfter Nächte auf der Straße zugebracht, um ein Gefühl für dieses Leben zu bekommen.
Wenn er auch betont, dass ihm natürlich jederzeit klar sei, dass eine Nacht auf der Straße, nach der man wieder in sein Haus heimkehrt, nicht gleichzusetzen ist mit einem erzwungenen Leben auf der Straße.

Wie die Homepage berichtet, bereitet Prinz William das Projekt HomeWards seit zwei Jahren vor. Da könnte man nun hellhörig werden …
Ich möchte nun auf keinen Fall jemandem etwas unterstellen, und wenn Prinz William erfolgreich wäre, wäre die Breitenwirkung sicherlich gar nicht zu überschätzen … Dennoch kann ich nicht anders als mich zu fragen, ob das Projekt nicht auch – zumindest randständig – etwas mit seinem Bruder zu tun hat.

Beide Brüder sind ja in so eine Art Wettstreit eingetreten, was das Erbe der Mutter, vor allem bei sozialen Projekten, angeht.

Ich könnte mir nun gut vorstellen, welchen Schlag es für Harry bedeuten muss, dass sein Bruder nicht nur Millionen aus der Royal Foundation zur Verfügung stellen kann, sondern auch noch das ganze auf Kronland starten, während er selbst in Kalifornien sitzt und dabei zusehen muss, wie ihm alle Felle davonschwimmen.

Es dürfte ihm spätestens jetzt klarwerden, welche Möglichkeiten er gehabt hätte Gutes zu tun, wenn er in der Royal Family geblieben wäre.
Wie ist es nur so weit gekommen, fragt man sich da …

Seit das Phänomen Harry und Meghan auf meinem Bildschirm gelandet ist, befasse ich mich mit dieser Frage.

Das komplette Narrativ das die beiden mittlerweile vollendet haben, ist für mich nicht mehr nachvollziehbar gewesen. Dass sie von Anfang an mit Hass und Rassismus verfolgt worden wären. Dass die Presse und die königliche Familie sie den Wölfen zum Fraß vorgeworfen hätten. Daß die öffentliche Meinung von Beginn an gegen sie gewesen wäre und und und … Ja – schlussendlich habe man sie sogar außer Landes getrieben.

Diese Flucht, so ließ Harry vor wenigen Tagen verlautbaren, habe im übereilten Unterschreiben von Verträgen gemündet, die sie gezwungen hätten, ihre so hart erkämpfte Privatsphäre wieder ein stückweit aufzugeben.
Schuld natürlich auch hier am Ende das Königshaus, das sie mit dem Umzug in die USA und der Aufgabe ihrer Tätigkeit als Working Royals, von jeglicher finanzieller Unterstützung abgeschnitten habe.
Wobei man natürlich bemerken muss, dass Harry mit einem stolzen Erbe von 20 Millionen Pfund seiner Mutter Diana nach Kalifornien gestartet ist.
Aber das reicht natürlich nicht weit, wenn man den Lebensstil eines Menschen pflegt, der diesen Betrag alleine monatlich an Zinsen bekommt.

Und dann begriff ich es: dieses selbstgestrickt Narrativ von den anderen, die sie praktisch zur Flucht getrieben haben, das die beiden jedem erzählten, der nicht schnell genug davon kam, war einzig und allein eines: Ausrede vor sich selbst.
Die beiden brauchten einen Schuldigen, auf den sie zeigen konnten, wenn ihre Sache in den USA zu scheitern drohte.

Die Themen, für die Harry sich bislang eingesetzt hatte, machten für ihn keinen Sinn mehr. Denn sie hätten Arbeit erfordert.
Hier darf man nämlich nicht vergessen: Wenn William oder der König sich für etwas einsetzen möchten, können sie auf einen Stab erfahrener Zuarbeiter setzen, die sie mit Infos versorgen, Termine koordinieren, PR machen usw.
All das hat Harry nicht mehr.
Nun bleiben ihm zwei Möglichkeiten: entweder er macht das alles selbst, oder er heuert jemanden für gutes Geld an, der es für ihn macht.

Beide Möglichkeiten führen in eine Sackgasse wie wir inzwischen wissen. Harry ist nämlich nicht nur beratungsresistent, wie der Chef von Spotify berichtet hat, sondern auch offensichtlich faul.
Meghan und er müssten unglaublich viel Kärrnerarbeit leisten, wenn sie sich auf dem Charity-Sektor wirklich positionieren wollten. Der Wille dazu ist nicht vorhanden.

Und so sitzen die beiden in Montecito und schauen William und Catherine dabei zu, wie diese mit ihren Projekten nach vorne gehen.
Selbst die Königin Camilla hat mit ihren stillen Projekten rund um häusliche Gewalt und Leseförderung nachhaltige Erfolge zu verzeichnen.

Wenn sie auch immer wieder versuchen, sich als direkte Nachfolger von Prinzessin Diana zu positionieren, so führt das keineswegs zum gewünschten Erfolg, sondern endet höchstens in Hähne und Kopfschütteln beim Publikum.

Und nun zieht William im ureigensten Gebiet der Mutter davon.
Wäre Obdachlosigkeit nicht auch ein wichtiges Thema speziell in Kalifornien? Was ich so höre, gibt es in der Bay Area zahllose Wohnsitzlose, die Hilfe gebrauchen könnten. Aber das würde auf Seiten von Harry und Meghan harte Arbeit und zähen Willen erfordern. Beides können (und wollen) sie offensichtlich nicht leisten.
Insofern essen sie nun die Suppe, die sie sich selbst eingebrockt haben.

Wer mehr über HomeWards erfahren möchte, dem sei deren Homepage empfohlen, die auch ständig neue Infos bereithält: www.homewards.org.uk




König Charles III – reinschauen und schwelgen

König Charles III – reinschauen und schwelgen

Coverfoto
Copyright: Petra von Straks

Wenn ich zusammenzählen müsste, wie viele Bücher ich zunächst über Prinz Charles und dann über König Charles III über die Jahre gelesen habe, ich würde scheitern.

Naturgemäß gibt es auf Englisch wesentlich mehr Titel als auf Deutsch. Deswegen war ich sehr froh, diesen Titel aus dem Verlag BusseSeewald entdeckt zu haben und euch vorstellen zu können.

Nun muss ich warnen: Wer eine ausgereifte Analyse seiner Zeiten als Prince of Wales oder eine Darstellung seiner Zukunftsvisionen erwartet, wird enttäuscht. Mit 133 Seiten ist das gar nicht machbar.
Wer aber eine überraschend neutrale Sicht auf den König sucht, mit wunderbar bebilderten Seiten, der ist genau richtig.

Vom Design her sehr ansprechend gemacht, unterhält es und informiert gleichzeitig. Weder wird dabei die äußerst problematische Beziehung zu seiner ersten Ehefrau Diana ausgespart, noch seine so überaus erfolgreiche zweite Ehe mit Königin Camilla.

Ein neues Kapitel
Copyright: Petra von Straks

Ich fand es ungemein erfrischend, dass in diesem Buch nicht versucht wird, für eine Seite Partei zu ergreifen. Die Autoren bemühen sich, die Ereignisse möglichst unverfälscht aus einem neutralen Blickwinkel zu berichten.

Das schlimmste Gegenbeispiel fand ich in einem Buch, von dem ich gute Fotos und brauchbare Informationen erhofft hatte und in dem ich grobe Beleidigungen gegen König Charles und Königin Camilla fand:

Was ihr hier seht, ist das Ende des Vorworts …
Als ich eine Rezension dieses „Werkes“ bei Amazon einstellen wollte und auf die Beleidigung hinweisen (die ich als Zitat kenntlich gemacht hatte), wurde eine Veröffentlichung abgelehnt. LOL

Also solcherlei Frechheiten werdet ihr bei diesem Buch nicht finden.
Stattdessen folgen die Autoren chronologisch seinem Leben bis hin zum Tod der Königin und ihrer Beisetzung.

Besonders interessant finde ich auch den Artikel zu seinem ökologischen Engagement. Ob es die Duchy Originals Produkte sind, mit denen er bereits vor Jahrzehnten den internationalen Nahrungsmittelmarkt im Sturm erobert hat (er war einer der Ersten, die bezahlbare Bioprodukte in die Supermärkte gebracht hat), oder Nachhaltigkeit beim Bau – alles findet seinen Raum, ohne dabei jene Leser zu überfordern, die wenig von der Materie an sich verstehen.

Jetzt muss ich noch erläutern, warum ich von „Autoren“ spreche …

Es gibt tatsächlich nicht DEN Autoren oder DIE Autorin. Stattdessen zeichnet für jedes Kapitel eine andere Autorin verantwortlich. Nun habe ich ein wenig nachgeforscht und zu meiner eigenen Überraschung festgestellt, dass es sich bei dem bei uns mit festem Einband angebotenen Buch eigentlich um eine umfangreiche Veröffentlichung aus dem Zeitschriftenverlag Future Publishing handelt.
(Der vorliegende Titel erinnert übrigens von Größe und Aufmachung her etwas an die Was ist Was- Bücher.)

Ich bin nun ein großer Fan dieser wertig aufgemachten englischen Themenhefte. Future Publishing bietet Ausgaben zu allen möglichen, bevorzugt historischen, Themen an. Alle Hefte, die ich bislang gekauft habe, sind fachlich korrekt vom Inhalt her und mit hervorragendem Bildmaterial versehen.
Wenn ihr mal in England seid, solltet ihr unbedingt bei WHSmith in die Zeitschriftenabteilung gehen, da findet ihr mehrere Regalmeter mit diesen Ausgaben.

Wenn ihr ans Ende des Buches blättert, findet ihr übrigens noch zahlreiche andere Titel von BusseSeewald rund um „Königs“ und Großbritannien. Hierbei habe ich den Band über Highgrove bereits besprochen und kann ihn euch mehr als nur empfehlen.
Wenn ihr mehr darüber wissen wollt, könnt ihr gerne in den entsprechenden Film auf meinem YouTube-Kanal aus der Roseraie in Saverne schauen … (Einfach auf das Foto klicken …)


FAZIT:
Wenn ihr einen reich bebilderten Überblick über das Leben und Wirken des Königs bekommen wollt, sei euch dieses Buch wärmstens ans Herz gelegt.
Wer eigentlich über Charles Bescheid weiß, aber einfach nur nostalgisch schwelgen will (vor allem in Bildern) – auch der ist hier absolut richtig.
Wer eine fundierte und in die Tiefe gehende Darstellung seiner Biografie und Analyse seines Wirkens sucht, dem sei zum Beispiel das im gleichen Verlag erschienene Buch „Prinz Charles“ von Sally Bedell Smith empfohlen.
Das nach wie vor gültige Non plus Ultra der Charles- Biografien ist die von Jonathan Dimbleby, der einen einzigartigen Zugang speziell auch zu den privaten Unterlagen des (damals noch) Prince of Wales bekommen hat. Dieses Buch bekommt man allerdings leider nur noch antiquarisch und auf Englisch.
Äußerst amüsant und „aus der Nähe“ ist die Doppelbiografie über Charles und Camilla von Gyles Brandreth, der ein guter Freund der Königsfamilie ist und mehrere hervorragende Biografien verfasst hat. Zuletzt über Queen Elizabeth II.

FAKTEN:
König Charles III, Busse Seewald Verlag, 2022. 133 Seiten, fester Einband.




Die Diamanten der Queen – Buchpräsentation

Die Diamanten der Queen – Buchpräsentation

Copyright: Gerstenberg Verlag

Sechs Königinnen und gaaaanz viele Schmuckstücke

Als ich dieses Buch im Mai im Shop des Buckingham Palace im englischen Original in Händen gehalten habe, war ich augenblicklich hin und weg.
Es verbindet nämlich alles, was mich an diesem Thema interessiert: fabelhafte Fotos, Königinnen, Royalty und – SCHMUCK!

Verteilt auf über 300 Seiten findet ihr aber nicht nur Details zu den Schmuckstücken und Informationen zu den Trägerinnen – es gibt auch ein hervorragendes Glossar und einen Stammbaum ab George III.

Copyright: Gerstenberg Verlag

Die innere Struktur des Buches bewegt sich an den Biografien der Königinnen seit Queen Adelaide bis Elizabeth II entlang, wobei jedem Kapitel eine kleine Biografie der Königin vorangestellt wird.
Wir lernen dann die wichtigsten Stücke kennen und finden sie auf diversen Porträts der Königinnen wieder.

Schnitzeljagd für Fortgeschrittene

Das ist nun etwas richtig Cooles bei dem Buch – man kann sich auf Porträt-Schnitzeljagd begeben.
Will sagen: Seit ich das Buch gelesen habe, macht es mir einen Riesenspaß, die Porträts der Königinnen durchzugehen und die jeweils getragenen Juwelen zu erkennen.

Tipp hier: Es geht um eine Tiara in verschiedenen Tragevarianten
Copyright: Gerstenberg Verlag

Die Greville Erbschaft
Mit Margaret Greville, der schottischen Bierbrauer-Erbin, lernen wir einen wirklich zweifelhaften Charakter kennen, die von Cecil Beaton als „galoppierende, neidische, arrogante alte Kröte“ bezeichnet wurde, „der das Wasser beim Anblick von Königen im Mund zusammenläuft, und die in ihrem Leben nie für jemanden etwas Gutes getan hat, außer für die Reichen.“
Und Lady Leslie fügte an: „Maggie Greville – ich hätte lieber ein offenes Abwasserrohr in meinem Wohnzimmer.“

Nun – womit hat die gute Margaret dieses vernichtende Urteil verdient? Genau weiß ich es natürlich nicht, aber ich habe mir vorgenommen, es herauszufinden, denn nachdem Margaret verwitwet war, schaffte sie es, ihren Ruf als Gastgeberin der Chromklasse aufrecht zu erhalten.
Ihre Empfänge waren derart beliebt, dass es nicht mal der Prince of Wales schaffte, die Treppe zu den Empfangssälen hochzukommen, weil sich die Gäste dort derart drängten.
Also muss wohl etwas an ihr gewesen sein, das die Leute angezogen hat.

Nach ihrem Tod wurde die Königinmutter zur Nutznießerin der von Margaret angehäuften Juwelen. Hatte Greville nämlich zu Zeiten als der spätere König George VI noch Duke of York war und nicht davon auszugehen war, dass er jemals König würde, zugesagt, ihren Landsitz Polesden Lacey dem Freund zu hinterlassen, vererbte sie das Schloss tatsächlich an den National Trust.

Wahrscheinlich dachte sie, dass er als König nicht noch ein Schloss bräuchte.
Zum Ausgleich aber erhielt die Königin Elizabeth die Königin Mutter ihren gesamten Schmuck.

Hier seht ihr die Greville Honigwaben Tiara, die heute bevorzugt von Queen Camilla getragen wird
Copyright: Gerstenberg Verlag

Die Begeisterung für das Erbe hinderte die Königin Mutter allerdings nicht daran, diverse Stücke komplett verändern zu lassen.

Das ist übrigens etwas, das ihr in dem Buch „Die Diamanten der Queen“ immer wieder findet: wie stark die einzelnen Schmuckstücke verändert wurden. Teilweise wurden sie komplett auseinander genommen und die Steine zu etwas vollständig Neuem zusammengefügt.

Version 1901
Version 1921
Copyright: Gerstenberg Verlag

Oben auf dem Bild seht ihr ein hervorragendes Beispiel dafür, wie man mit den Schmuckstücken umging. Auf dem oberen Bild seht ihr die Tiara, die Boucheron 1901 für Mrs Greville angefertigt hat. In den 20er Jahren ließ sie dann die komplette Tiara auseinandernehmen und die wesentlich geometrischere Honigwaben- Tiara kreieren.
Jetzt ist es natürlich eine Frage des persönlichen Geschmacks, was man hübscher findet.

Tatsächlich stellt das Buch mehrere Fälle vor, bei denen massiv in das Design eines Stückes eingegriffen wurde.
Hierbei tauchte für mich die Frage auf, ob es den Königinnen tatsächlich freisteht, historische Stücke so intensiv umarbeiten zu lassen und ob es keine Fachleute gibt, die da gegebenenfalls einschreiten.
Was mich zur Queen bringt, die scheinbar solche Eingriffe nie hat vornehmen lassen.
Sie trug die meisten Stücke tatsächlich unverändert. (Ich denke, die Queen war einfach auch kein kreativer Mensch. Wenn sie einmal eine Sache für brauchbar erachtet hat, hat sie sie unverändert über Jahrzehnte beibehalten. Das galt sogar für ihren Ehemann …)


Auch schön von hinten

Nein, das ist keine anzügliche Bemerkung, sondern eine absolut passende Feststellung, wenn es um royalen Schmuck geht.

Vorder, -oder Rückseite?
Copyright: Gerstenberg Verlag

An dieser Brosche Ihrer Majestät könnt ihr sehen, was ich meine. Sie ist von der Rückseite ebenso schön gearbeitet, wie wenn man sie vorne betrachtet …

Hier seht ihr auch noch einmal das filigran auf der Rückseite eingearbeitete EIIR (= Elizabeth II Regina)
Wer übrigens wissen will, wie die Brosche von vorne aussieht, muss sich dringend das Buch besorgen …


Der Cullinan Diamant und seine „Geschwister“

Wie die meisten sicherlich wissen, ist der Cullinan Diamant der größte jemals gefundene Diamant. Er war so gewaltig, dass er 1908 in Amsterdam von Joseph Asscher in 105 Steine gespalten werden musste, um überhaupt weiter bearbeitet werden zu können.
Es entstanden dadurch neun große und 96 kleine Steine.
Die Geschichte dieses wohl großartigsten Diamanten der königlichen Sammlung stellt der Autor ebenfalls vor.

Hier sehen wir Joseph Asscher mit seinem Team bei der Überlegung, wie der Stein zu spalten sei …
Copyright: Gerstenberg Verlag

Und hier trägt Ihre Majestät die große Cullinan- Brosche sowie den Cullinan IX als Ring.


Das ist übrigens so ein Fall, bei dem ich mich fragte, wie man es schafft, dass ein solch gewaltiger Stein den Stoff des Kleides nicht bis auf den Boden zieht.
Tatsächlich erklärt Roberts auch das …

FAZIT


Dass ich das Buch großartig finde – ich denke, das ist bereits klar geworden. Es ist ein wunderbarer Titel, der mit ungeheuer viel Liebe und Expertise gemacht wurde.
Wenn man vielleicht auch keine Tiara vererben kann, so tut dieses Buch den gleichen Dienst.

Selbstverständlich ist es mit 79€ nicht gerade billig, aber absolut preis-wert.
Nicht nur, weil qualitativ alles stimmt, sondern weil man es aufgrund seiner Schönheit immer wieder gerne aufschlägt.
Ich selbst habe es auf einem Ständer präsentiert, sodass ich immer andere Seiten aufschlagen und betrachten kann.
Von daher ist es sogar ein kleines Kunstwerk.

Ich hoffe sehr, dass es noch einen weiteren Band geben wird, wo Roberts sich vielleicht mit den Farbsteinen (Smaragde, Rubine etc) der königlichen Juwelen befasst. Auch würde mich interessieren, inwieweit König Charles III sich um das Thema kümmert. (Ob er da genauso involviert ist, wie seinerzeit Prinz Albert?)

Was ich definitiv aus dem Buch mitnehme, ist ein tiefer Respekt alleine schon für den handwerklichen Aspekt dieser Juwelen.

Tatsächlich ist der Titel aber auch ein Zeitdokument, denn wenn ich die jüngere Generation der Royals (Princess Catherine, Princess Beatrice, Princess Eugenie, Zara Tindall etc) betrachte, sehe ich keine unter ihnen, die eben jene Juwelen tragen würde wie z.B. noch die Queen.
Die Prinzessin von Wales hatte nicht einmal bei der Krönung eine Tiara auf.

Bei ihrer Hochzeit sah man sie ebenfalls nur mit der sehr dezenten Halo-Tiara.
Die letzte Trägerin dieser Stücke dürfte wohl Königin Camilla sein und dies womöglich auch nur, weil der König seine Frau gerne so geschmückt sieht. (Sie selbst trägt privat ja praktisch keinen Schmuck).

Von daher gehe ich davon aus, dass wir diese wunderbaren Stücke künftig nicht mehr an der Frau, sondern bestenfalls noch irgendwann im Museum sehen werden.
Das ist natürlich auch toll, aber doch nicht das gleiche. Oder?

Infos:
Roberts, Hugh: Die Diamanten der Queen, Gerstenberg Verlag 2012, 320 Seiten, 79€

Einen Film von mir zum Buch gibt es natürlich auch: https://youtu.be/wKjrLuuat_Y

Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose

Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose

Was für eine Umgebung! Was für Themen!
Für meine aktuelle Buchpräsentation fiel mir sofort einer der schönsten Rosengärten ein, die ich kenne: die Roseraie de Saverne im Elsaß.

Kleiner Ausschnitt der Roseraie in Saverne
Copyright: Petra von Straks

In dem Film, den ihr auf meinem Kanal „KTT – Kronen, Tee und Traditionen“ auf YouTube findet, gibt es ein buntes Potpourri von Themen: Ein Update zu Prinz Harrys laufenden Prozessen, aber auch Reisetipps, sowie die Halsbandaffäre rund um Königin Marie Antoinette.

Hier aufs Bild klicken und schon geht’s zum Film …

Königliche Gärten

Das erste Buch, das ich vorstellen möchte, ist leider nur noch antiquarisch zu bekommen (Amazon Marketplace, ZVAB, Ebay). Das tut der Qualität aber keinen Abbruch.

Copyright: amazon

Fakten:
Strong, Roy: Royal Gardens, BBC Books, 1992, 167 Seiten, durchgängig farbig bebildert, gebundene Ausgabe; Preis variiert je nach Anbieter.

Roy Strongs Buch bietet einen hervorragenden Überblick über die Gärten der englischen Könige, beginnend im Jahr 1660.
Seine innere Struktur findet das Buch anhand der Abfolge englischer Könige und ihrer Gärten, beginnend mit König Charles II und endend mit dem Ausblick auf den kommenden König Charles III (damals noch Prince of Wales).

Strong untersucht nicht nur, wie sich die Gärten der einzelnen Herrscher voneinander unterschieden, sondern auch, woher ihre Einflüsse kamen (Schloss Het Loo/ Niederlande, Versailles/ Frankreich etc).

Schlossgärten Versailles
Copyright: Petra von Straks

Warum beginnt Strong nun erst mit dem Jahr 1660, werdet ihr fragen? Könige hatten doch zu allen Zeiten Gärten angelegt …
RICHTIG! Aber die meisten dieser Gärten gingen in England im Original mit dem Bürgerkrieg unter Cromwell und der daraus resultierenden Hinrichtung von König Charles I, verloren.
Sie wurden zwar zum Teil in den zurückliegenden Jahren wieder rekonstruiert, aber tatsächlich erhalten geblieben sind nur jene, die nach dem Bürgerkrieg entstanden sind.

Gartenbau und Menschenbild

Jeder, der sich einen Garten (jenseits von Nutzgärten/ Küchengärten) leisten konnte, wollte damit etwas demonstrieren.

Gärten waren – besonders auch für Herrscher – Ausdruck ihres Selbstverständnisses.
Von den formellen Gärten des Barock, wie wir sie in Versailles oder Hampton Court finden, die die vollkommende Macht des absoluten Herrschers spiegelten, bis zu den Landschaftsgärten des 18. und 19. Jahrhunderts, wo der Mensch sich (basierend auf der Philosophie Rousseaus) als Teil der Natur zu empfinden begann.

So waren die royalen Gärten immer auch Ausdruck des Zeitgeistes und der politischen Befindlichkeiten.

Strong stellt auch vor, wie es sich mit Königin Elizabeth II verhielt, die ihrerseits herzlich wenig Interesse am Garten, – und Landschaftsbau hatte. Im Gegensatz zu König Charles III.

Allerdings, so Strong, kam auch die Königin nicht umhin, sich dem Thema zu widmen, denn im Zuge diverser Einsparmaßnahmen, wurden auch die königlichen Gärten umstrukturiert.
Man legte die Gärten also so an, dass sie weniger Manpower zu ihrer Erhaltung brauchten.
Dazu kam dann noch die Energiekrise der 70er Jahre, die dazu führte, dass diverse Gewächshäuser nicht mehr unterhalten werden konnten.
Sie waren zu energieintensiv und verfielen nach ihrer Stilllegung derart, dass sie schlussendlich ganz abgerissen werden mussten.

König Charles ist ein anderes Kaliber. Doch auch in seinen Gärten drücken sich der Zeitgeist und seine Ideen aus.
Seit Jahrzehnten befasst er sich mit nachhaltiger Landwirtschaft, Ökologie etc.
All diese Erkenntnisse fließen in seine Gärten ein.
Sicherlich hätte er die Gewächshäuser nicht abreißen lassen, sondern nach Wegen gesonnen, sie energieeffizient zu machen und somit zu erhalten.

FAZIT:
Das Buch ist, wenn auch nur noch antiquarisch zu bekommen, ein sehr empfehlenswerter Titel, wenn man sich einen Überblick über die Geschichte der Königlichen Gärten verschaffen will.
Die Fotos sind natürlich qualitativ nicht das, was wir heutzutage gewöhnt sind, aber dennoch informativ.
Im Übrigen ist das Buch enorm kenntnisreich und man findet viele Informationen, jenseits der Gartenmauer, die einen die Herrscher und Strukturen der vergangenen Zeiten wesentlich besser verstehen lassen.
Da das Buch sehr viel Text hat und nur auf englisch erhältlich ist, muss jeder für sich selbst entscheiden, ob es sprachlich für ihn „passt“.

Copyright: Petra von Straks

„Buckingham Palast – Der Königliche Garten

Copyright: Gerstenberg Verlag

FAKTEN:
Masset, Claire: Buckingham Palast – Der königliche Garten, Gerstenberg Verlag 2022, 119 Seiten, durchgängig farbig illustriert, gebundene Ausgabe, Sprache: Deutsch, Preis: 24€.

Wer schon immer mal einen Blick in den geheimen Garten des Buckingham Palace werfen wollte, kommt um dieses Buch nicht herum.

Wunderschön bebildert führt es einen über die verschlungenen Wege, die sonst nur die Königsfamilie und ihre MitarbeiterInnen gehen dürfen.

Aufgebaut entsprechend der Jahreszeiten, lernen wir das Areal mit all seinen Strukturen und Pflanzen kennen.

Es wird auch ein Blick auf die Arbeit der Gärtner und Gärtnerinnen geworfen und wir sehen, was es braucht, um solch ein Paradies zu erhalten.
Nichtsdestotrotz kann man auch für den eigenen Garten die eine oder andere Erkenntnis mitnehmen.

Wie ihr hier meinem kleinen Foto-Versuch entnehmen könnt, sind die Bilder im Buch wunderschön und muten teilweise wie kleine Gemälde an.

Tatsächliche Gemälde finden sich aber auch. So, wenn die Autorin in die Vergangenheit zurückgeht und die Aquarelle vorstellt, die Queen Victoria von dem Garten angefertigt hat.
Hier war sie wohl auch König Charles III Vorbild, denn er malt selbst leidenschaftlich gerne Aquarelle.

Es gibt auch noch historische Einblicke.

So beantwortet das Buch die Frage, wie eine gewaltige Stein-Vase, die Kaiser Napoleon Bonaparte in Auftrag gegeben hatte, in den Garten des Buckingham Palace geraten ist.
Glück übrigens für Cecil Beaton, denn so konnte er die Queen Mum in einem wundervollen Foto neben eben jener Vase verewigen …

FAZIT:
Wer diesen normalerweise verborgenen Garten einmal kennenlernen will, sollte die Ausgabe von 24€ auf keinen Fall scheuen.
Das etwas kleinere Format finde ich sehr angenehmen, denn ich nehme Bücher gerne mit. Und sei es nur in den Garten.
Insgesamt ist jede Seite ein neues Erlebnis und man wird es in den kommenden Jahren sicher immer mal wieder hervorholen und darin blättern.
Es gibt auch eine sehr schöne Timeline, angefangen mit jenem ersten Maulbeergarten bis hin zum ersten eigenen Gin des Palastes, der parfümiert ist mit Blüten und Kräutern aus dem eigenen Garten.
Diesen Gin kann man übrigens im Shop des Palastes erwerben.

Wer dort mal stöbern möchte: https://www.royalcollectionshop.co.uk

Copyright: Petra von Straks

Highgrove – Ein kleines, großes Paradies

Copyright: amazon

FAKTEN:
Seine Königliche Hoheit, der Prinz von Wales: Highgrove – Ein Jahr im königlichen Garten, Lifestyle BusseSeewald in der frechverlag GmbH, 2019. 239 Seiten, broschiert; 19,95€, Sprache: Deutsch

Damit wären wir nun bei meinem absoluten Lieblingsgarten gelandet.
Highgrove nahe dem Städtchen Tetbury in den Cotswolds.

Als König Charles III, damals noch Prince of Wales, das Anwesen kurz vor seiner Verlobung mit Lady Diana Spencer kaufte, war es ein Kartoffelbauernhof.
Er hatte sich nach einem Refugium umgesehen und für Highgrove entschieden, da es unweit von Gatcombe Park liegt, dem Haus seiner Schwester Anne. Außerdem hatte es in seinen Augen jede Menge Potential.

Der Prinz hatte nämlich Großes vor.
Er wollte nicht nur ein Privathaus mit einem charmanten Garten, sondern seine eigene Visionen von einem ökologischen Garten verwirklichen.

Das dürfte ihm gelungen sein.

Das wunderbar gemachte Buch präsentiert in unglaublich schönen Bildern all jene ikonischen Motive, die aus zahllosen Berichten über den König und seine erste Frau Diana bekannt sind.

Doch nicht nur die Motive überzeugen. Aufgeteilt in die Monate des Jahres, finden sich als Gruß zum Beginn jedes Kapitels sehr schöne, stimmige Aquarelle, die allerdings nicht der König, sondern Carolyn Jenkins gemalt hat.
Allerdings stammt der jeweils einleitende Text vom späteren König.


Wir lernen nicht nur seine Philosophie im Bezug auf die Gartengestaltung kennen, sondern lesen die Erklärungen aus erster Hand zu den diversen Strukturen, die sich im Garten finden.

Wo unsereiner nämlich Postkarten und Schlüsselanhänger von Reisen mitbringt, sind es beim König Tore aus Indien und Brunnen aus Marokko. All diese Souvenirs finden ihren Platz im Garten.

Doch nicht nur seine Reisen spiegeln sich in Highgrove – auch die Menschen, die ihn begleitet haben und gehen mussten, wie Queen Elizabeth, die Königin Mutter sind Denkmäler gesetzt worden. Der verehrten Großmutter ist sogar eine Art Tempel gewidmet.

Mark Shand wiederum, der viel zu früh verstorbene geliebte Bruder von Königin Camilla, ist mit zwei hölzernen Elefanten-Skulpturen vertreten, die an sein Engagement für den Schutz dieser Tiere erinnert, und deren Schwester-Skulpturen auf einer Art Rundreise Geld für diese Charity sammeln.

Wir finden in Highgrove einen lebenden, sich stets verändernden Garten. Ich durfte selbst schon mehrmals dort zu Gast sein und kann nur sagen, dass man nie zweimal den gleichen Garten zu sehen bekommt.

Highgrove Frühling 2019
Copyright: Petra von Straks
Die Foto-Ecke 2019. Damals noch mit Harry und Meghan
Copyright: Petra von Straks

FAZIT:
Ein Buch, zu schön, um es aus der Hand zu legen. Egal wie oft man hineinschaut – man bekommt nicht genug. Die Fotos entführen uns in eine paradiesische Gartenwelt und wenn man dann die Augen schließt, meint man, der Duft der Blüten sei noch immer da.
Wer sich selbst etwas Gutes tun will, dem sei der Titel ans Herz gelegt.
Kleines „Manko“: Da das Buch so großartig ist, dass man es am liebsten auch mitnehmen würde, wenn man zum Beispiel in einen Park geht, ist das Format ein wenig zu groß geraten. Aber – das ist Jammern auf verdammt hohem Niveau!

ÜBRIGENS: die Gewinne aus dem Buchverkauf fließen der „The Prince of Wale’s Charitable Foundation“ zu .
Insofern tut ihr mit dem Kauf auch gleich noch etwas Gutes!

Copyright: Petra von Straks

P.S. Alle Angaben sind ihn Gewähr.

Übrigens könnt ihr sowohl den Buckingham Palace als auch Highgrove Gardens besichtigen. In highgrove selbst gibt es auch einen schönen Laden. Falls ihr keine Tickets ergattern konntet, sei euch der Highgrove Shop im benachbarten Tetbury empfohlen. Übrigens eine sehr schöne Gegend und in Tetbury kann man sich auch auf die spuren von Prinzessin Diana begeben.

Wenn ihr mal die Roseraie in Saverne besuchen wollt: https://www.roseraie-saverne.fr
Zum Rohan Schloss geht es hier: https://www.visit.alsace/de/221004749-rohan-schloss/


Juan Carlos – die Geschichte vom bösen, alten König


Ein Wort zur Warnung:
Dies ist keine schöne Geschichte. Es ist eine Geschichte, die vorläufig kein Happyend hat. Es ist die Geschichte von schlechten Menschen, die sich ihrer Strafe entziehen konnten. Und mehr noch: die aus ihren Untaten Gewinn gezogen haben und diesen genießen.
Ihr könnt hier nicht mit dem befriedigenden Gefühl rechnen, dass jemand seine letzten Jahre hinter schwedischen Gardinen zubringen wird.
Ihr werdet auch nicht erleben, dass plötzlich eine Art Sherlock Holmes aus den Kulissen hüpft und alle Beweise lückenlos vorlegt, sodass wir uns zurücklehnen können und sagen: „Ah-ha. So war es also.“

Beginnen wir am (vorläufigen) Ende der Geschichte. Der König kann sich der Strafverfolgung entziehen, denn für seine Zeit als König gilt die Immunität.

Wenn ein Satz in dieser vierteiligen Dokumentation stimmt wie kein anderer, dann der einer dort interviewten Journalistin:

„In dieser Geschichte hat jeder seine eigene Agenda. Und es ist keine gute.“

Springen wir zum Anfang der Geschichte. Wobei ich sie als Märchen zusammenfassend erzählen will:

Es war einmal ein junger Prinz, der wurde von einem bösen alten Diktator, der seine Heimat mit blutiger Gewalt beherrschte, an dessen Hof gezerrt, um im Sinne des Diktators erzogen zu werden und eines Tages von ihm die Macht zu übernehmen.
Der junge Prinz wuchs heran und heiratete eine schöne Prinzessin mit deutsch-griechischen Wurzeln.
Die beiden bekamen zwei Töchter und dann endlich den ersehnten Sohn.
Als der böse alte Diktator starb, übergab er wie geplant die Macht dem jungen Prinzen, der nun König war.
Das Land wurde eine Demokratie und begann, sich langsam von den Schrecken zu erholen. Doch nicht alle waren damit glücklich. Eine Gruppe zorniger Offiziere versuchte, die junge Demokratie zu stürzen.
Zu diesem Zweck verhandelten sie mit dem König. Sie waren sich sicher, dass er auf ihrer Seite stünde.
Nach einigen bangen Stunden, die der kleine Sohn des Königs bei seinem Vater in dessen Arbeitszimmer mit den Offizieren zubrachte, hielt der König eine Live- Ansprache im Fernsehen.
Zur Überraschung der aufständischen Offiziere aber, rief er seine Landsleute dazu auf, die Demokratie zu verteidigen. Er erklärte, dass er auf der Seite der Freiheit stehe und bereit sei, für diese zu sterben.

Damit war der König in der ganzen Welt zu einem Helden der Demokratie geworden. Wo er auch hinkam, umjubelten ihn die Menschen und sein Land wuchs und gedieh.
Als der gute König nach vielen Jahren alt und müde war, überließ er seinem Sohn den Thron. Auch der war ein guter König und lebte mit seiner schönen Frau und den beiden Töchtern in einem goldenen Palast.
So lebten die Königsfamilie und ihr Volk immerdar in Glück und Zufriedenheit bis ans Ende ihrer Tage.


Ende der Märchenstunde.

Es gibt aber noch eine zweite Variante dieses Märchens … und die geht so:

Der König lebte mit seiner Frau und den drei Kindern in einem schönen Palast, doch er blickte um sich und stellte fest, dass er über gar wenig Geld verfügte.
Er schaute zu den anderen Königen in den Ländern um sich herum und sah, dass diese unermesslich reich waren.
Da wollte der König ebenfalls reich sein. Er wollte in goldenen Zimmern leben und mit goldenen Autos fahren. Er wollte sich jeden Traum erfüllen können.
Und so zog der König aus und ging in ferne Länder, wo Männer lebten, die unermesslich reich waren und bereit, diesen Reichtum mit ihm zu teilen. Allerdings forderten sie Gegenleistungen. Diese war der König bereit, ihnen zu geben.
Sie verlangten drei Dinge von ihm: seinen Anstand, sein Gewissen und sein Herz.
Der König gab das alles begeistert her, denn er war sich sicher, ohne all dies viel besser leben zu können.

Nun ja… Ich will eure Geduld nicht überstrapazieren …

Die Sache war nämlich die, dass Juan Carlos zunächst im Auftrag des Diktators Franco mit Saudischen Scheichs Geschäfte zu machen begann. Für jedes Geschäft, das er einfädelte, erhielt er einen Obolus vom Diktator. So wollte Franco während der Ölkrise verhindern, dass in Spanien die Energie knapp würde.

Die Scheichs ihrerseits belohnten Juan Carlos ebenfalls. So kam eine nie versiegende Geldquelle in Gang.
Wie dieses System lief und wie es kam, dass der König plötzlich beinahe zwei Milliarden schwer war, zeigt die Dokumentation auf Sky.

(Produzent von „Juan Carlos – Liebe, Geld, Verrat“ ist übrigens der mehrfache Grimme-Preisträger Christian Beetz, Regie führten Anne von Petersdorff und Georg Tschurtschenthaler, die Autoren waren Christian Beetz, Pedro Barbadillo und Anne von Petersdorff.)

Nun darf ich eine weitere Hauptfigur dieser Horrorstory vorstellen: Corinna zu Sayn Wittgenstein, 1964 in Frankfurt/ Main als Corinna Larsen geboren. In erster Ehe verheiratet mit dem amerikanischen Unternehmer Philip Atkins, in zweiter Ehe mit dem Prinzen zu Sayn Wittgenstein.
Sie lernte König Juan Carlos 2006 auf einer Jagdparty kennen. Sie hatte zuvor für eine englische Waffenfirma gearbeitet und dann deren Tochterfirma geleitet, die Jagden auf seltene Tiere für eine entsprechende zahlungskräftige Klientel organisierte.

Larsen wurde die Geliebte des Königs, was nach Aussagen mehrerer Zeugen so weit ging, dass Juan Carlos seinen Kindern bei einem Essen offenbarte, dass er vorhabe, Corinna zu heiraten.
Von dieser Eröffnung empört, erklärte Prinz Felipe seinem Vater, wenn er das durchzöge, müsse er abdanken.

Tatsächlich lebten Corinna und Juan Carlos praktisch schon zusammen, denn der König hatte seiner Geliebten eine Villa neben dem Zarzuela Palast zur Verfügung gestellt, wo diese mit ihrem kleinen Sohn einzog, für den der König eine Art Ersatzvater wurde.

Die Seifenblase platzte, als Corinna erfuhr, dass der König bereits seit drei Jahren eine weitere Geliebte neben ihr hatte. (Von seinen wechselnden Teilzeit-Gespielinnen abgesehen)
Sie erklärte das Ende der Beziehung. Dennoch blieben sie befreundet und zwar so intensiv, dass der König ihr 65 Millionen Euro überwies. Als Geschenk, wie notariell festgestellt wurde. Dass er ausgerechnet 65 Millionen kurz zurvor Prinz Mohammed Bin Salman überwiesen bekommen hatte, mag Zufall sein.
(Bin Salman war – ihr erinnert euch – der Auftraggeber des Mordes an dem Journalisten Jamal Kashoggi, was den König aber nicht besonders anfocht.)
Dieser Betrag lief übrigens – man muss es nicht weiter erwähnen – am spanischen Fiskus vorbei auf ein Schweizer Konto.

Wie aber kam die Affäre mit Corinna ans Tageslicht?
Nun – es war die Rache eines toten Elefanten …
Und das kam so:

Mitten in der schlimmsten Rezession, die Spanien je durchgemacht hatte, begab sich Juan Carlos mit Corinna, deren amerikanischem Exmann und ihrem Sohn auf Luxus-Safari nach Botswana, wo er sich auf Elefantenjagd begab.

Dieses wortlos widerwärtige Foto wurde vor dem Sturz des Königs aufgenommen und zeigt ihn und den professionellen Großwildjäger. Und um der Sache die Krone aufzusetzen: der König war damals in Spanien Ehrenvorsitzender des WWF (= World Wildlife Fund)

Als er in der Nacht stützte, brach er sich die Hüfte und konnte nur mit letzter Mühe und Corinnas aktivem Zutun nach Spanien in eine Klinik ausgeflogen werden. In letzter Sekunde wurde er gerettet.
Nun tauchte Corinna auf den Titelseiten auf.
Der Palast wiederum konnte nicht verschweigen, unter welchen Umständen Juan Carlos verunfallt war.
Es kam zu einem Flächenbrand.
Die Empörung der Spanier wuchs mit jeder neuen Einzelheit, die über ihren König bekannt wurde.

Als er das Krankenhaus wieder verlassen konnte, wartete sein erzürnter Sohn, Kronprinz Felipe, sowie die Abdankung, auf den sichtlich angeschlagenen König.

Was tat nun bei alle dem die beliebte Königin Sofia? Ja – sie kam ins Krankenhaus, doch sie ging nicht zu ihrem Mann, sondern nur zum leitenden Arzt und erkundigte sich über den Zustand des Königs. Dann ging sie wieder.

Und genauso wie in den zurückliegenden Jahrzehnten, schwieg sie, lächelte und tat ihre Pflicht, während das Leben ihres Ehemannes zu Asche zerfiel.

Auf Druck vor allem des Kronprinzen hin, trat Juan Carlos 2014 endlich zurück.
Als die Staatsanwaltschaft gegen ihn zu ermitteln begann, verschwand er 2020 ins Exil in Abu Dhabi.

Dass auch ein Schweizer Staatsanwalt zu ermitteln begann, irritierte Corinna Larsen zunächst nicht weiter. Problematisch wurde das Ganze für sie, als der König plötzlich sein Geld zurückwollte und Corinna sich dumm stellte.
Es begann eine wirkliche Räuberpistole, denn 65 Millionen sind wohl auch für Juan Carlos keine Portokasse.

Jedenfalls schickte er seinen Geheimdienstchef und mehrere andere Männer, um Corinnas Wohnung in Monaco zu durchsuchen. Man riet ihr, sämtliche Dokumente, die auf ihre Beziehung zum König verwiesen, in schwarze Boxen zu packen und kündigte ihr an, man werden mit ihr nach Spanien fliegen.
Doch Corinna war keine von Juans Carlos‘ üblichen Betthäschen.
Sie bot den Geheimdienstleuten an, man könne doch ihre Privatmaschine nehmen. Dann bräuchten sie nicht alles hin und her transportieren. Die Männer ließen sich darauf ein.
Corinna, die wusste, dass Privatmaschinen bevorzugt abgefertigt wurden, bestieg ihr Flugzeug mit den Boxen und ließ den Zielflughafen in „London“ ändern. Und noch während die Geheimdienstleute darauf warteten, am Zoll abgefertigt zu werden, flog Corinna bereits nach London, wo sie erst mal untertauchte.

Als der König ein Treffen mit ihr verlangte, demonstrierte sie abermals ihre Cleverness und engagierte einen israelischen Sicherheitsmann, der dem überraschten König die Türe öffnete. Dieser war mit seinen Bodyguards einmarschiert. Aber Corinna war eben nicht alleine und hilflos… Sie ließ den König einmal mehr abblitzen.

Die so gesicherten Unterlagen sorgten dafür, dass sie vom Vorwurf der Unterschlagung, sowie der Geldwäsche freigesprochen wurde. Sie war eindeutig die lachende Dritte, wenn auch ihr Ruf nachhaltig beschädigt war. So viel zu den betrogenen Betrügern …

Eine weitere Geliebte von Juan Carlos war klug genug, intime Treffen aufzuzeichnen. Im Interview in der Doku berichtet der ehemalige Fernsehstar Barbara Rey davon, dass dies praktisch ihre Lebensversicherung sei. Sollte ihr etwas zustoßen, so würden die Aufnahmen an die Öffentlichkeit gelangen. Sie wusste, wieso sie das tat …

Die 18jährige Schauspielerin Sandra Mozarowsky starb 1977 bei einem Sturz von ihrem Balkon, angeblich beim Blumengießen. Das junge Mädchen soll, so die Doku, ebenfalls die Geliebte des Königs gewesen sein. Nachdem sie schwanger geworden war und eine Abtreibung verweigerte, wurde sie wohl für immer zum Schweigen gebracht.

Eine weitere Eroberung des Königs, so wird zumindest angedeutet, war Prinzessin Diana, in der Juan Carlos eine Seelenverwandte entdeckte.
Hatter er nämlich auch sichergestellt, dass die Wales’s ungestört von den Paparazzi auf seiner Jacht urlauben konnte, begab sich Diana – zu seiner Verblüffung – zum Bug des Schiffes und sonnte sich dort vor den Linsen der Reporter. Sie liebte das Spiel mit dem Feuer genau wie er selbst.


Es sind Abgründe, die sich hier auftun. Von Männerfreundschaften zwischen den ekelhaftesten Kerlen, die man sich denken kann (mit Putin standen sowohl Juan Carlos als auch Corinna Larsen privat wie geschäftlich ebenfalls auf du und du), über Millionen, die am spanischen Staat vorbeigewirtschaftet wurden, bis zu hilflosen Tieren, die ermordet wurden, weil ein alter Mann eine Freizeitbeschäftigung brauchte.

Wer nun gehofft hatte, die Geschichte ginge schlecht für den bösen alten König aus – der wird sich getäuscht sehen.
Nicht nur, dass alle Verfahren gegen ihn eingestellt worden sind und er in einem extrem luxuriösen Exil lebt – er reist auch wann immer er will, selbst gegen den erklärten Willen seines Sohnes und der Regierung, nach Spanien.
Allerdings sehen sich Vater und Sohn nach einem explosiven Treffen nicht mehr.
Der alte König nimmer auch keine innenpolitische Rücksicht. So kehrte er mitten im Wahlkampf auf Urlaub nach Spanien zurück, was dort hohe Wellen schlug.

Zur Krönung von König Charles III in London waren sowohl König Felipe mit seiner Frau, wie auch Juan Carlos und Königin Sofia eingeladen. Vater und Sohn hielten sichtbar Distanz.

Als Fazit kann man nur sagen, dass die Zeit gegen den bösen alten König ist.
König Felipe und Königin Letizia setzen alles daran, die Skandale nicht nur von Juan Carlos, sondern auch der Schwester Cristina und ihres Mannes Iñaki Urdangarin, auszumerzen.

Als König Felipe einen Teil seines Erbes abgelehnt hat und die Zahlungen an seinen Vater hat einstellen lassen, wurde dies in der spanischen Öffentlichkeit extrem gut aufgenommen. Dennoch hat er ein böses Erbe angetreten und es wird noch sehr lange dauern, bis die aufgerissenen Wunden verheilt sind.

FAZIT
Die Doku hat mir alles in allem gut gefallen. Dass es keinen Sprecher gibt, der die Szenen begleitet, ist auf der einen Seite angenehm, auf der anderen Seite fehlt mir aber auch öfter die Einordnung in einen Gesamtkontext, oder das Herausarbeiten von Widersprüchen.
Man bleibt als Zuschauer alleine mit dem Gesagten und muss sich sein eigenes Bild machen, was vielleicht nicht ganz einfach ist, wenn man die Vorgänge nicht wirklich gut kennt.
Auch hätte ich mir eine tiefere Darstellung König Felipes gewünscht und wie der mit dem schwierigen Erbe klarkommt.

Ansonsten ist die Doku absolut empfehlenswert, denn sie bietet einen Einblick in menschliche Abgründe, die man so nicht unbedingt erwartet hätte.

Ich habe übrigens im Nachgang erfahren, dass es noch eine große Vorgänger- Doku auf Spanisch gibt: „Salvar Al Rey“ (2022) von HBO Max. Was ich davon gesehen habe, fand ich sehr spannend. Sie scheint noch breiter aufgestellt als die von Sky. Da mein Spanisch nun alles andere als gut ist, muss ich versuchen, eine englische Bearbeitung zu finden.

Der Diana – BBC – Bashir- Skandal

Alles begann im Jahre 1993 als Martin Bashir sich an Commander Patrick Jephson, Dianas Privatsekretär, wandte, um sie um ein Interview mit seiner (erfahrenen BBC- Kollegin) Sue Lawley zu bitten. Jephson lehnte in Dianas Namen ab.



Doch Bashir war wild entschlossen, diesen Coup zu landen.

Er brachte einen freischaffenden Grafik-Designer dazu, Bankbelege zu fälschen, die dazu dienen sollten, Alan Waller, den Sicherheitsexperten von Dianas Bruder, in Misskredit zu bringen.
Es sollte so aussehen, als habe Waller Zahlungen von der britischen Presse und zweifelhaften Offshore-Firmen bekommen. Im Gegenzug habe er Storys der Spencer- Familie durchgestochen.
Der Künstler hatte keine Ahnung, was er da tat.

Im September nun legte Bashir Charles, dem Earl Spencer, die gefälschten Unterlagen vor.
Kurz danach präsentierte er Dianas Bruder weitere Unterlagen, die scheinbar belegten, dass Jephson und Richard Aylard (Prince Charles‘ Privatsekretär) ähnliche Zahlungen erhalten hatten. Zudem gab es Unterlagen, die beweisen sollten, dass Tiggy Legge Bourke, die von Charles engagierte Begleiterin der Prinzen William und Harry, eine Abtreibung gehabt hätte und es sich dabei um Charles‘ Kind gehandelt habe.
Spencer – nicht dumm – meldete sich bei der BBC und fragte nach, ob Bashir vertrauenswürdig sei. Dies wurde bestätigt. (Warum er sich nicht bei Waller erkundigt hat – keine Ahnung)

Spencer kontaktierte sofort seine Schwester Diana, die noch angefasst war durch das lange Interview, das Charles Jonathan Dimbleby gegeben hatte und in dem er seinen Ehebruch gestanden hatte.

Am 19. September fand das erste Treffen zwischen Diana und Bashir statt.
Es fiel Bashir nicht schwer, Diana zu manipulieren, da diese von jeder Menge Wahnvorstellungen heimgesucht wurde. Sei es, dass man sie ausspioniere (nicht übertrieben gedacht) und, dass man ihr nach dem Leben trachte. (Eher nicht…)

Ihre Furcht, man würde einen Wagen so manipulieren, dass die Bremsen versagen würden und sie getötet (oder zumindest schwer verletzt), scheint für viele auf den ersten Blick ein A-Ha-Moment, bedenkt man, wie sie starb. Doch tatsächlich hätte sie überlebt, wäre sie nur – ganz banal – angeschnallt gewesen.

Auch, dass sie abgehört werde, bestätigte sich nicht, denn sonst hätte das Königshaus (oder andere finstere Mächte im Dienste des Systems) gewusst, dass sie Bashir traf und hätten versucht, diese Bombe rechtzeitig zu entschärfen.

Spencer seinerseits, der bei dem Treffen dabei war, teilte später bei der offiziellen Untersuchung mit, dass er immer misstrauischer geworden sei, denn vieles von dem, was Bashir jetzt zu Diana sagte, passte nicht zu dem, was er zuvor Spencer bei deren Treffen in Althorp gesagt hatte. Wieso er dann aber seine Schwester nicht ermahnt hat, das Interview sein zu lassen – diese Frage darf wohl erlaubt sein.

Als das Interview schlussendlich ausgestrahlt wurde, schlugen die Zuschauerzahlen alles bislang Dagewesene. Circa das halbe Vereinigte Königreich hatte vor dem Fernseher gesessen. Nicht zu vergessen alle im Nachgang ausgestrahlten Dokumentationen in aller Welt.

Doch gleichzeitig begannen die Alarmglocken bei den Beteiligten zu schrillen. Der Grafik-Designer, der die Dokumente gefälscht hatte, meldete sich damit bei der BBC. Diese hatte sämtliche Schutzmechanismen des sauberen Journalismus bewusst außer Kraft gesetzt, damit das Interview zustande kommen sollte. Bashirs Produzent, der normalerweise jeden Schritt (vor allem eines noch recht unerfahrenen Journalisten wie Bashir) in mehreren Stufen hätte kontrollieren müssen, ließ diesem vollkommen freie Hand. Offensichtlich waren beide (wir erinnern uns an die Mechanismen bei den gefälschten Hitler- Tagebüchern) angefixt von dem Köder, der vor ihren Nasen baumelte: ein Tell-All-Interview mit der berühmtesten Frau der Welt!

Als Vorgesetzte Bashir im Dezember 1995 schlussendlich mit den Vorwürfen konfrontierten, gab dieser zu, die Unterlagen erfunden zu haben, aber er hätte sie niemals Diana selbst gezeigt.
Das sollte sich als enorm kluger Schachzug erweisen, denn es ersparte ihm am Ende sogar eine Gefängnisstrafe, denn die BBC- Granden baten kurzerhand Diana, dies schriftlich zu bestätigen, was diese naiverweise auch tat.

Im März 1996 rief die Mail on Sunday bei Spencer an (der Grafik-Designer hatte ihnen einen Tipp gegeben) und fragte ihn nach seiner Meinung zu den Vorgängen.
Der Earl verweigerte einen Kommentar.

Doch nun war die Katze aus dem Sack und die Mail hatte nicht vor, sich mit dem Einfangen derselben zu beeilen.
Stattdessen riefen sie bei der BBC an, die sich wiederum Bashir vorknöpfte. Der gab jetzt zu, die Unterlagen zwar nicht Diana, aber ihrem Bruder gezeigt zu haben.
Die Beteiligten hatten Glück. Da die Mail keine Zeugen auftreiben konnten, verlief die Geschichte im Sand.

Es dauert beinahe 25 Jahre, bis die Story endlich explodierte.

Jetzt war die BBC gezwungen, eine Untersuchung zu beauftragen. Der Dyson Report wurde erstellt.
Die BBC schrieb Entschuldigungsbriefe an die Prinzen Charles, William und Harry. An Jephson, den Grafik-Designer und den Earl Spencer.
Jephson, Waller und der Grafik-Designer erhielten ebenso wie Tiggy Legge Bourke ein Schmerzensgeld.

Legge Bourke war sogar von der empörten Diana bei einer Feier vor allen Gästen konfrontiert worden und die Story von der Abtreibung fand sich in mehr als einem Artikel oder Buch wieder …

Die BBC gab des Weiteren alle Preise (inklusive dem BAFTA Award) zurück, die sie für das Interview erhalten hatten.
Bashir beharrt bis zum heutigen Tag darauf, dass es nicht die gefälschten Unterlagen gewesen seien, die Diana dazu gebracht hätten, das Interview zu geben. Die Unterlagen hätten ihm lediglich den Zugang zur Prinzessin über ihren Bruder ermöglicht. Gegeben hätte Diana das Interview mit Sicherheit sowieso.

Es bleibt festzustellen, dass der Betrug für Bashir keine weiteren Konsequenzen hatte. Er wechselte 1999 zu ITV und arbeitete in Großbritannien und dann in den USA als Korrespondent und kehrte 2016 sogar zur BBC zurück.

Aus gesundheitlichen Gründen beendete er 2021 seine Karriere als Journalist.
Die Verantwortlichen bei der BBC erlitten auch keine weiteren Konsequenzen. Sie wurden von den Vorwürfen und naseweisen Kollegen abgeschirmt.
(Wer sich für die kritischen Recherchen anderer Presseleute interessiert, dem sei der Artikel „The Big Lie“ von Tom Mangold in der aktuellen Ausgabe von „The Critic“ empfohlen …)


Wenn ich nun diesen Skandal so betrachte, frage ich mich schon, wie die BBC es vor sich selbst und ihren Zuschauern verantworten konnte und kann, einen Mann wie Bashir nach diesem Skandal auch nur mit der Kneifzange anzufassen.

In Zeiten wie diesen, wo sauber durchgeführter Journalismus so rar geworden zu sein scheint wie ein gelber Diamant, müssten die Verantwortlichen anders mit ihrem Ethos umgehen.
In Zeiten, wo Wahrheit ein beliebiges Gut geworden ist, das jeder nach eigenem Gusto hinbiegen kann, empört mich dieser Skandal über alle Maße.

Und wenn ich noch weiter über all diese Vorgänge nachdenke, die uns allen ein scheinbar so klares Bild der auf Messers Schneide spazierenden Diana präsentierten, die mit Kuhblick berichtete, dass Charles nicht gemacht sei für den „Top Job“ etc – dann frage ich mich, was eines Tages über Harry und Meghan herauskommen mag.

Ich sage nicht: der hat Recht und der lügt. Ich sage nur: wir müssen vorsichtig sein. Wir müssen Dinge überprüfen und nicht leichtfertig über Dinge hinweggehen, denn am Ende sind es Menschen, die den Preis bezahlen.

Was mich selbst angeht, so hat mich die neuerliche Beschäftigung mit diesem Skandal in der Überzeugung bestärkt, dass wir unseren Kindern schon in der Schule beibringen müssen, wie man herausfindet, ob etwas wahr oder falsch ist. Wie man mit Quellen umgeht.
Und wir müssen ihnen und uns beibringen, wachsam zu sein. Wachsam und misstrauisch.

Stell dir DAS mal vor…

Stell dir mal vor, dein Opa wird zum König von England gekrönt (okay – lassen wir den Wahrscheinlichkeitsfaktor mal kurz beiseite …) und deine Eltern sagen: „Nur der Papa geht hin!“

Jetzt stell dir mal vor – 15 oder 20 Jahre später. Du redest mit deiner Mama über damals und fragst sie, warum du und deine Schwester nicht dabei sein durften – damals in der Westminster Abbey. Als sie den Opa und die Oma gekrönt haben. Warum ihr nicht mitfahren durftet in der goldenen Kutsche. Und dann nachher erst – auf dem Balkon … da unten tausende und abertausende jubelnder Menschen.
Und was sagt deine Mama dann?

Um Antworten war die liebe Mama ja noch nie verlegen. Von daher ist davon auszugehen, dass sie sich auch auf diese Fragen schon sehr lange gut vorbereitet hat.
Und im Übrigen kennst du sie ja …

Tatsächlich sind – zumindest in meiner Wahrnehmung – Archie und Lilibet eher Randfiguren bei den Debatten um Harry und Meghan.

Für mich selbst sind sie aber SEHR wichtig, denn sie sind die ersten Opfer der elterlichen Kampagnen.
Dank der prahlerischen Berichte des Vaters über seine Tötungszahlen in Afghanistan, stehen sie an allererster Stelle der Gefährdetenliste für alle Islamisten. (Dass es dann ausgerechnet dieser Vater ist, der ständig nach Sicherheit schreit, ist nur einer der vielen Treppenwitze dieser Geschichte).

Die widersprüchlichen Narrative der Eltern werden auch die beiden eines Tages einholen, denn man kann wohl kaum davon ausgehen, dass sie ihren Kindern gegenüber in Erziehung und in der Vermittlung ihres Weltbildes stringent sind.
Es ist wohl vielmehr davon auszugehen, dass den Kindern jeweils das vermittelt wird, was gerade opportun ist.

Wenn wir nüchtern darauf schauen, stellen wir fest, dass mit dem Führen des königlichen Titels und der gleichzeitigen Ablehnung der königlichen Pflichten, den Kindern eine Lebenswirklichkeit vermittelt wird, die so nicht machbar ist. Ihnen wird vorgeführt, dass man sich einfach das heraussuchen kann, was einem in den Kram passt, während man ungeliebte Sachen den anderen überlässt.

Was mich mindestens ebenso bewegt, ist die Tatsache, dass Harry seinen Drogenkonsum sowohl in seinen Memoiren als auch im Gespräch mit Dr. Maté nicht nur verniedlicht, sondern – viel schlimmer noch – als medizinisch notwendig hinstellt.
Harry tut nichts weniger, als seinen Kindern vorführen, dass es okay ist, das Gesetz zu brechen, wenn man es nur vor sich selbst rechtfertigen kann.

An der Stelle fällt mir ein, dass Harry die BBC wegen eines Sketches verklagen wollte, indem der Komiker – auf den Namen seines Freundes van Custem bezugnehmend – sagte: „Van cuts them and Harry snores them.“ („Van schneidet sie und Harry schnupft sie.“)
Er erregte sich darüber, dass ihm da Kokoainkonsum unterstellt werde. Bei Dr. Maté korrigierte er, indem er mitteilte, dass ihm Kokain „nichts gebe“ …
Vielleicht ganz gut, dass er die BBC nicht verklagt hat…

Kommen wir aber wieder zurück zu Oma und Opa Wales

Ja, ich bin Traditionalisten, denn ich bin der Überzeugung, dass es künftigen Generationen helfen kann, wenn sie das Rad nicht neu erfinden müssen. Ich bin auch der Meinung, dass alle Menschen Glieder einer gewaltigen Kette sind, die sich durch die Zeit windet.
Was den Adel von den „normalen“ Menschen unterscheidet, ist im Normalfall, dass sie einfach mehr Glieder ihrer ganz persönlichen Kette kennen.

Wenn wir nun die Familien Windsor / Wales / Cambridge anschauen, so stellen wir fest, dass die Kinder stets in dieser Tradition erzogen werden. Sie lernen von klein auf, was von ihnen erwartet wird. Sie sind TrägerInnen eines Titels und sollen diesem gerecht werden.

Gelingt eine Erziehung, so erlebt man einen Menschen, der sich seiner Aufgabe bewusst ist und seine eigenen Wünsche hintanstellt. Er ordnet sich in diesem Fall der Krone unter. Ein kleines Beispiel dafür ist Prinz William, der seine Karriere als Rettungsflieger zugunsten der eines Working Royal aufgegeben hat.
Die Entscheidung, sich dem Wunsch der Königin zu beugen, hat ihn Monate gekostet.

Harry und Meghan wiederum scheinen auch hier die Rosinen herauspicken zu wollen. Die Kinder sollen einen Titel führen, ansonsten wollen sie aber mit dem Königshaus nichts zu tun haben, wie Meghan bereits Oprah Winfrey mitgeteilt hat.
Da fragt man sich natürlich, was an einem Leben, das man seinem Land und den Menschen widmet, so abstoßend sein soll?
Wenn ich mir George, Charlotte und Louis so anschaue, sehe ich drei offensichtlich sehr glückliche Kinder, die in einem liebevollen Elternhaus aufwachsen und zu verantwortungsbewussten Royals erzogen werden. Junge Menschen, denen klar ist, dass sie immer im Rampenlicht stehen werden und, dass mit ihren Rechten auch Pflichten einhergehen.
Zudem lernen sie, damit umzugehen.

Dies wiederum wird den Sussex-Kindern verwehrt, denn die Eltern machen sich scheinbar nicht bewusst, dass das Rosinen-Picken auch Konsequenzen hat.

Tatsächlich erleben wir ja sogar einen Harry, der im Interview für den Sender ITV seinen Vater mit den Enkelkindern erpresst. Wenn man nicht mit ihm spreche, dann werde der Großvater halt die Enkel auch nicht sehen können.
DAS ist nun wirklich ein Knaller, wenn man mich fragt, denn hier wird ganz klar mit den Gefühlen des Großvaters Charles Erpressung betrieben.

Wie begeistert König Charles als Großvater ist, beweisen übrigens nicht nur die zahllosen Aufnahmen, die ihn mit seinen Enkelkindern in der Öffentlichkeit zeigen, sondern auch die Reaktionen der Kinder auf ihn.

Wie man an dem Foto, das ich 2019 in Highgrove gemacht habe, sehen kann, stehen für den König die Kinder und Enkelkinder stets im wahrsten Sinne des Wortes im Mittelpunkt.
Wenn man also diese sehr positiv auftretende Familie so sieht, tut es einem um die Sussex-Kinder noch viel mehr leid, denen der Kontakt zu ihren Cousins und Cousinen so unglaublich selbstsüchtig verwehrt wird.

Vielleicht gibt es jetzt den einen oder anderen, der sagt, dass das alles nur der schöne Schein sei, der da verbreitet wird.
Wer das behauptet, dem sage ich: Ganz wie es in dem englischen Spruch so schön heißt: You can fool some of the people some of the time but you can’t fool all the people all of the time!
Oder übersetzt: Du kannst manche manchmal verarschen, aber nicht alle ständig.

Zudem gibt selbst Harry in seinen Memoiren zu, dass Charles eigentlich ein guter Vater war. Dass er sich bemüht hat, Harry nach Dianas Tod aufzufangen, indem er ihn z.B. nach Südafrika mitgenommen hat, oder den Spice Girls vorgestellt.
Zudem hat der spätere König Wert darauf gelegt, das Abendessen immer mit Harry gemeinsam einzunehmen (William war damals in Eton). Ging das einmal nicht, weil er auf Terminen war, legte er dem Sohn immer einen kleinen Brief unter das Kopfkissen. Für die Söhne ließ er in Highgrove ein fantastisches Baumhaus bauen, in das sich die beiden zurückziehen konnten.
Andere Arten von Abenteuern erlebten die Söhne im „Club H“, der im Keller des Hauses eingerichteten Party-Location.
Das offenbart, dass Charles kein Helikopter- Vater ist, sondern seinen Söhnen auch stets Freiräume gelassen hat.
Inwieweit er sie auch schützen wollte, zeigt sich daran, wie lange er gewartet hat, bis er sie offiziell mit Camilla zusammengebracht hat. Im Gegensatz zu Diana, die zum Beispiel die Söhne sogar ohne zu zögern zu James Hewitt und dessen Mutter zu gemeinsamen Wochenenden mitgenommen hat.

Dass Harry Jahre später seinen Vater so mies aussehen lässt, ist wohl den Umständen geschuldet. Immerhin musste er in seinem Buch Gründe liefern, warum er der Krone im Allgemeinen (und seiner Familie im Speziellen) derart mit Anlauf ins Kreuz gesprungen ist.





Robert Jobson: Our King

Zunächst muss man sagen, dass die Welt voll zu sein scheint von Biografien zum neuen englischen König. Braucht es also wirklich noch eine?
Tatsächlich stammen nun die meisten aus der Zeit, als er noch Prince of Wales war und haben nach dem Tod der Königin lediglich die eine oder andere Seite (bei manchen auch ganze Kapitel) hinzugefügt bekommen. (Wer wissen will, wie er in diesem Fall Fehlkäufe vermeidet, dem empfehle ich, in meinen Blog zu schauen. Da habe ich Tipps bereitgestellt …)

Vorauszuschicken wäre übrigens auch, dass Jobson bekennender Charlesianer ist. (Wie jeder vernünftige Menschen, wenn ich das mal anmerken darf.)

Dennoch bemüht er sich bei seinem Weg durch Charles‘ Leben um ein möglichst neutrales Bild. Zu meiner großen Überraschung gibt es auch einen recht umfangreichen Anhang mit Quellen und einer Literaturliste. (Das ist es nämlich, was bei vielen Biografien fehlt, wodurch diese für mich zu sehr umfangreichen Lebensbildern oder Essays verkommen)

Leider liegt der Titel derzeit nur auf Englisch vor, was das Buch für viele deutsche Leser unzugänglich macht, wollen sie nicht die Mühe auf sich nehmen, den kompletten Text durch eine KI übersetzen zu lassen …

Tatsächlich muss man sich an dieser Stelle fragen, was in den Köpfen deutscher Verlags-Verantwortlicher vorgeht, wenn sie die doch recht breite Gruppe Royalty- Interessierter in Deutschland immer wieder hängenlassen. Da gibt es bestenfalls mal zweitklassige Biografie-Abklatsche, die keinen wirklich glücklich machen. Schnell hingeklatschte Zusammenfassungen, die über die Qualität eines wikipedia-Artikels nicht hinausgehen. Das Ganze mit ein paar schlechten Fotos gespickt und für einen exorbitanten Preis rausgehauen.
Dass dann das Urteil lautet: „Seht ihr – das verkauft sich einfach nicht“, verwundert dann wirklich nicht weiter. So kann man sich wunderbar selbst das Wasser abgraben.

Aber zurück zu Jobson.

Er hat den Prinzen (späteren König) bei mehreren Gelegenheiten persönlich getroffen und Interviews mit ihm geführt.
Da er seit vielen Jahren die königliche Familie begleitet, kann er auch ein recht gutes Bild der Skandale rund um Prince Harry, Meghan Markle und Prinzessin Diana bieten.
(Hier hat er sehr gute Infos durch Gespräche zum Beispiel mit Ken Wharfe, einem engen Mitarbeiter der Prinzessin; speziell wenn es um den Vorwurf des Rassismus geht)
Auch mit Camilla ist er seit Jahren bekannt und kann den Wandel ihres öffentlichen Bildes sehr gut beschreiben und analysieren.

Prince Philip nimmt ebenfalls breiten Raum in der Biografie ein. Er war der Pater Familias und war zum Beispiel dafür verantwortlich, Prince Andrew die Entscheidungen der Königin nach seinem katastrophalen Epstein- Interview vorsichtig beizubringen. (Philip war persönlich außer sich über den Schaden, den Andrew der Krone zugefügt hatte.)
Die Tatsache, dass die Königin Andrew aus allen Ehrenämtern und von seiner Stellung als Working Royal entfernte, sollte weitreichende Konsequenzen zeitigen, da König Charles im Nachgang die Leute ausgingen, um das fehlende Herrscherpaar, sowie seinen ausgefallenen Sohn Harry und dessen Frau zu ersetzen.
Interessant auch zu lesen, wie Philip und Charles in den letzten Lebensjahren des Herzogs von Edinburgh zueinander gefunden haben. Sie konnten endlich die tiefen Gräben überbrücken und Charles‘ Schmerz anlässlich des Todes des Vaters war ehrlich und tief.
Umso mehr schockiert einen, dass Harry am Tag der Beisetzung des Großvaters eine Aussprache mit Vater und Bruder gefordert (und bekommen) hat und sich dann auch noch über den Ausgang beschwerte.
Sicherlich kann man einen solchen Gesprächszeitpunkt kaum dümmer und weltfremder, ja menschenverachtender, wählen.

Jobson schildert Charles als Denker und Visionär. Als einen Mann, der einen bodenständigen Sinn für Humor hat und keine Scheuklappen trägt. Recht breiten Raum nimmt Charles‘ Interesse am Islam und der islamischen Welt ein. Hier sieht Jobson eindeutig einen wichtigen Wirkungsbereich für Charles, da er dort seit Jahrzehnten wichtige Kontakte aufgebaut hat und sich mittlerweile weigert, als reiner Vertriebsmitarbeiter der englischen Regierung aufzutreten.
Auch untersucht Jobson Charles religiöse Einstellung, die häufig aus Unwissendheit in der Öffentlichkeit kritisiert wird.

Tatsächlich widmet er Charles‘ Jugend nur relativ geringen Raum, was ich auch nicht weiter schlimm finde, denn ich muss nicht zum hundertsten Mal lesen, wie sehr Charles in Gordonstoun gelitten hat. (Diese Kapitel sind übrigens deswegen interessant, weil man ein wenig den Kampf nachverfolgen kann, den sich die Königinmutter mit ihrem Schwiegersohn geliefert hat, um Charles nach Eton zu bringen und ihm das vollkommen unpassende Gordonstoun zu ersparen. Dort liegt nämlich unter anderem die Ursache für Charles‘ lebenslange tiefe Bindung an seine Großmutter.)

Was Prince Harry angeht, verwundert zuerst, dass dessen Autobiografie an diversen Stellen neutral zitiert wird. Doch dann begreift man, dass Jobson sich einfach bemüht, unparteiisch zu sein. Dies führt allerdings dazu, dass seine Faktenfeststellung umso verheerender ausfällt.
Man steht wirklich da und will den Prinzen nur noch batschen, wie wir Pfälzer sagen. Seine hochtrabende, unverschämte und wirklichkeitsfremde Selbstbeweihräucherung bei gleichzeitiger Hinrichtung seiner Familie wirkt noch viel übler dadurch, dass Jobson ihn als reguläre Quelle betrachtet.

Aber auch Prince William kommt nicht ganz so gut weg. Im Gegensatz zu seinem Vater fehle ihm die Reife und die Intelligenz. Hinzu komme ein ziemlich heftiges Temperament mit kurzer Lunte.
Erschreckend fand ich hier die Schilderung einer Auseinandersetzung zwischen Vater und Sohn, nachdem William zu Jane Goodall gesagt hatte, er sähe am liebsten die gesamte Elfenbein-Sammlung des Hauses vernichtet. Charles war – trotz seiner Einstellung dem Tierschutz gegenüber – zutiefst schockiert über eine anvisierte Zerstörung unschätzbarer Kunstwerke (die Zerstörung würde u.a. einen indischen Thron betreffen sowie den Federhalter von Heinrich VIII). Es kam zu einer heftigen Auseinandersetzung, da Charles befürchtete, dass sein Sohn eines Tages wahrhaftig diese Zerstörung befehlen könne.

William ist auch bekannt dafür, dass er seinen Vater anschreit und mit Flüchen überzieht. Dies hält Jobson wohl bei einem Teenager für einigermaßen erwartbar – bei einem erwachsenen Familienvater wirkt es aber definitiv fragwürdig.

Einen breiten Raum nehmen natürlich Diana und Camilla ein. Jobson verfolgt den Weg der Karre beim Gegen-die-Wand-Fahren mit beinahe chirurgischer Genauigkeit. Er analysiert die Beteiligten und ihr Verhalten. Man fängt an, zu verstehen, dass es sich beinahe um eine Art griechischer Tragödie gehandelt hat. Alle Beteiligten laufen sehenden Auges in Richtung des Abgrundes.
Jobson hält auch hier Charles‘ Fehler fest sowie die Kritik, derer er sich auch von Seiten seiner Eltern ausgesetzt sah.
Doch ebensowenig wie Charles kommt Diana gut weg. Ihr erratisches und unkontrollierbares Verhalten wird unter die Lupe genommen und die Skandale, die seinerzeit die Schlagzeilen füllten, nochmals durchgesehen.
Es sind keine guten Erinnerungen, die da hochkommen. Tatsächlich steht man da und will nur schreien: „Nicht! Schnapp dir Camilla und heirate sie! Denk nicht so lange nach! Diana! Mädchen – das wird niemals funktionieren. So schaut doch hin!!!“

FAZIT: Jobsons Buch ist eine lohnende Investition, wenn man eine fundierte Biografie über König Charles lesen will. Man lernt den Menschen kennen (soweit dies möglich ist) und kann seine Entscheidungen besser beurteilen, beziehungsweise verstehen.
Auch die anderen Mitglieder des Königshauses werden einem näher gebracht, aber nicht skandalträchtig, sondern immer so neutral wie möglich.
Als Ergänzung wäre sicherlich Jonathan Dimblebys Biografie aus den 90ern zu empfehlen.
Alles in allem würde ich auf jeden Fall eine Kaufempfehlung aussprechen, wenn man König Charles III verstehen will.

Deutschlandbesuch des Königspaares – Warum hat Camilla so wenig Fans?

König Charles III ist wieder in England und kann sich auf seine Krönung konzentrieren.
Dennoch bleibt uns allen sein dreitägiger Staatsbesuch in lebhafter Erinnerung.
Leider kam er nur nach Berlin und Hamburg, was bedeutete, dass er bei seinem nächsten Besuch definitiv auch weiter in den Süden / Südwesten kommen muss, denn wir wollen ihn und Königin Camilla ja auch mal live erleben!

Eigentlich sollte ihr erster Auslandsbesuch nach Frankreich führen, wo unter anderem ein Besuch von Versailles mit dortigem Staatsbankett geplant war. Tatsächlich musste die Reise wegen der herrschenden Unruhen in Frankreich abgesagt werden.
Aber: des einen Leid ist des anderen Freud und so können wir uns rühmen, dass König Charles‘ erste Auslandsreise als König nach Deutschland ging.

Und hier haben wir ihm auch einen sicherlich schönen Aufenthalt bereitet. Ob es beim festlichen Bankett in Berlin war oder seiner mit Standing Ovations bedachten Rede im Bundestag, beim Gang des Königspaares über den Berliner Wochenmarkt, oder dem Besuch einer Grundschule mit dem Schöpfer des Grüffelo der Königin … Auch die traurigen Aspekte durften nicht fehlen, so beim Besuch des Mahnmals für nach England evakuierte jüdische Kinder in Hamburg.

Die Königin hat übrigens anlässlich des Schulbesuchs nicht nur mit den Kindern das Grüffelo gezeichnet, sondern auch mit dessen Zeichner Axel Scheffler das Buch auf Englisch und Deutsch gelesen.
Das kam der Königin sicherlich sehr entgegen, denn sie engagiert sich seit Jahren für die Leseförderung . („The Queen’s Reading Room“)

Insgesamt kann man sicherlich sagen, dass der Staatsbesuch rundum ein Erfolg war und den Königlichen Hoheiten in positiver Erinnerungen bleiben wird. (Auch wenn sie ganz unköniglich mit dem Standart- ICE von Berlin nach Hamburg gereist sind.)

Wo ich so über den Deutschlandbesuch nachdenke, fällt mir speziell Königin Camilla ein … Wer mir auf Instagram oder Facebook folgt, weiß ja, dass ich mich oft mit ihr beschäftige und eigentlich das bin, was man einen Fan nennen könnte.



Wer es übrigens nicht weiß – ich bin Royal Follower seit 1979/1980 und habe den Aufstieg und Untergang von Prinzessin Diana sozusagen hautnah beobachtet.

Aber dazu – denke ich – muss ich einen eigenen Blog machen …

Queen Camilla

Zurück zu Camilla …

Immer wenn ich etwas über Königin Camilla poste, kann ich mir ziemlich sicher sein, dass ich Kommentare bekomme, die mit „durchwachsen“ zu bezeichnen wirklich geschönt wäre.
Von „Hexe“ über „Ehebrecherin“ bis hin zur Erkenntnis, sie werde „in der Hölle schmoren“, ist alles dabei.

Allerdings kommen diese bösen Kommentare weniger aus dem deutschsprachigen Raum. Ich peile jetzt einfach mal ins Ungefähre, dass Camilla in Deutschland mehr Fans hat, als sonstwo in der Welt und, dass die Versuche des Königs, seiner Frau ein positiveres Image zu verleihen, nicht unbedingt als Rundumerfolg gewertet werden können.

Seltsamerweise wird ihr vielerorts das Scheitern der königlichen Ehe zugeschrieben. Ganz so, als sei der König kein Mann mit eigenem Willen, sondern eine Lusche, die von der Frau durch das Dorf getrieben wird.
Übrigens ein Narrativ, das mir auch bei Meghan Markle immer wieder begegnet …

Tatsächlich kann ich mir kaum vorstellen, dass ein Mann sich so viele Jahrzehnte gegen alle Widerstände derart an die Kandare nehmen lässt. Zumal Charles zu seiner Camilla gehalten hat, auch wenn er wusste, wie schlecht seine verehrte Großmutter über sie gedacht hat.

So sind sich die Kommentatoren einig, dass es weniger Dianas Tod war, der die Eheschließung mit Camilla befördert hat, als vielmehr der Tod seiner Großmutter. Charles war sich wohl im Klaren darüber, dass seine Oma Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt hätte, um eine solche Heirat zu verhindern. (Die Königin-Mutter hatte sehr feste royale Prinzipien und eine geschiedene Frau zu heiraten, widersprach diesen zutiefst. Die Königin-Mutter war im Gegensatz zu ihrem populären Image nämlich keineswegs putzig und umgänglich. Vielmehr wurde sie mehr als nur ein Mal als „stählerne Faust im Samthandschuh“ bezeichnet. Und das von Leuten, die sie persönlich kannten …)

Nun aber wieder zu Camillas schlechtem Image

Mich beschleicht immer wieder der Eindruck, dass die Leute, die sie derart verdammen, sich nie wirklich mit ihr beschäftigt haben. Man macht sich an Äußerlichkeiten fest, wie zum Beispiel ihrer Kleidung und ihrem Schmuck. Trägt sie viel Schmuck, nennt man sie einen Christbaum. Trägt sie wenig Schmuck, nennt man sie bäuerisch. Kurz – sie scheint es keinem recht machen zu können, der sie von außen betrachtet.
Wobei ich immer wieder betone, dass sie beinahe 80 ist und ich muss sagen, dass ich mich freuen würde, wenn ich in diesem Alter noch so gut aussehen würde …

Tatsächlich hat König Charles vor vielen Jahren damit begonnen, das Image der von ihm so geliebten Frau in der Öffentlichkeit aufzubessern. Wenn der Palast auch normalerweise nicht gerade mit erfolgreichen PR-Aktionen glänzt (Man ist meistens zu spät, unvorbereitet – kurz: amateurhaft unterwegs), so hat man in Camillas Fall doch praktisch nach Lehrbuch gearbeitet.

Sie wurde nach der offiziellen Trennung von Charles und Diana behutsam in die Öffentlichkeit gebracht. Ihre erste Charity war die Schirmherrschaft über die Osteoporose- Gesellschaft. Eine Krankheit, an deren Folgen Camillas Mutter verstorben war und die somit einen sehr persönlichen Bezug zu Camilla hatte.

Wann immer man sie in den folgenden Jahren an der Seite des späteren Königs sah, mussten auch die kritischsten Stimmen zugeben, dass sie Charles gut tat. Er war entspannt, lachte viel und seine Stimmung (er leidet an einer notorischen kurzen Lunte, wie alle Windsor- Männer) war im Normalfall bestens.

Wenn sie in der ersten Zeit damit zu tun hatte, sich in ihren neuen royalen Job einzufinden, so kann man dafür mehrere Gründe nennen:

1. Sie war zutiefst verstört durch die hinter ihr liegenden Ereignisse. (Diana hatte sie mitten in der Nacht angerufen und ihr gesagt, sie habe Schläger engagiert, die bereits in ihrem Garten seien; Sie hatte Drohbriefe erhalten und war in der Öffentlichkeit beschimpft worden. -Die Story, sie sei im Supermarkt mit Brötchen beworfen worden, ist übrigens Blödsinn, zudem hatten Journalisten permanent ihr Haus belagert)
Daher zitterte Camilla bei ihren ersten öffentlichen Auftritten und scheute vor Walkabouts zurück, da sie befürchtete, beschimpft zu werden (oder gar Schlimmeres);
2. Camilla war bereits über 50, als ihr Leben komplett umgekrempelt wurde und sie sich in einer völlig anderen Welt zurechtfinden musste;
3. Sie war davon ausgegangen, dass sie einfach nur im Hintergrund bleiben würde und insofern ihr altes Leben als Vertraute und Geliebte weiterführen. Camilla ging davon aus, dass man sie nicht groß in die Öffentlichkeit bringen würde und sah sich bald getäuscht:
4. Man verlangte früh von ihr, alleine auf Reisen für die Krone zu gehen, wo sie noch sehr unsicher war, wie sie sich verhalten sollte und was man genau von ihr erwartete;
5. Sie musste ihre Kinder / Enkelkinder und ihr neues, royales Leben unter einen Hut bringen, was sie oft psychisch und physisch erschöpfte. Dies ist auch der Grund, warum sie bei den ersten langen, gemeinsamen Reisen oft früher heimreiste als Prinz Charles und warum sie auch ihr altes Haus („Ray Mill House“) als eigenen Rückzugsort behielt.

Inzwischen erleben wir eine entspannte und heitere Camilla bei öffentlichen Auftritten. Sie hat gelernt, mit vollkommen Unbekannten unbefangenen Smalltalk zu machen und wird sogar beim spontanen Tänzchen mit Charles gesehen.
Wenn man heute ihren Kalender mit den vielen Auftritten und Charities sieht, den sie mit knapp 80 Jahren bewältigt, kann man sie nur bewundern.
Beobachtet man die beiden zusammen, so stellt man fest, dass sie mit ihrer ruhigen, gelassenen Art Charles wesentlich besser tut als Diana selbst in ihren besten Momenten.

Vielleicht – und das ist mein Rat an alle Camilla-Kritiker (die Hater kannst du eh nicht zum Nachdenken kriegen)- sollten sie sich mal in ihre Lage versetzen. Sich einfach mal mit ihren Leistungen befassen. Sich anschauen, was Camilla in den zurückliegenden Jahrzehnten auf sich genommen hat. Wo verdammt viele andere abgehauen wären und gesagt hätten „Mach doch deinen Dreck alleene!“, da ist sie an der Seite des geliebten Mannes geblieben und scheint heute in ihrer Rolle glücklicher und gefestigter denn je.

Und in diesem Sinne:
Alles Liebe und Gute, Queen Camilla!

Robert Lacey „Battle of Brothers“

Fakten:
Das Buch hat in der Taschenbuch- Printausgabe 608 Seiten. Ich selbst habe die englische Ebook-Ausgabe gelesen. Das Buch ist bislang nicht auf Deutsch erschienen. Als Taschenbuch kostet es bei Amazon 9,85€ und als gebundenes Buch 21,36€.
Bei Amazon gibt es das Ebook für 6,99€. Natürlich gibt es auch andere Anbieter, aber da solltet ihr tagesaktuell recherchieren, weil die Preise und Varianten sich da oft heftig unterscheiden.

Es gibt eine ältere Ausgabe, die aber inzwischen überarbeitet wurde.
Die mir vorliegende Ausgabe endet im Prinzip mit dem Tod von Prince Philipp, kurz nach dem Oprah- Interview. Somit fehlt das Erscheinen von „Spare“ sowie die nachfolgende Debatte.

Es hat mich seltsam berührt, als ich die letzten Seiten des Buches gelesen habe und Lacey so einen kleinen Ausblick gibt, nach dem Motto: „Wenn Sie, liebe Leserin, lieber Leser, dies hier lesen, wird …“
Tatsächlich fehlt an dieser Stelle das einschneidendste historische Ereignis in dem Bereich überhaupt, nämlich der Tod der Königin.
Als Lacey seine Überarbeitung beendet, ist sie noch am Leben und König Charles ist noch Prinz Charles.

Eine der wichtigsten Fragen, wenn man ein Sachbuch zur Hand nimmt, ist mit Sicherheit die nach dem Autor. Mit dessen Ruf und Expertise steht und fällt das, was man in den kommenden Tagen, Wochen, ja manchmal Monaten lesen wird.
Sprich: Kann ich dieser Person glauben, was sie mir jetzt berichten wird? Wie tief sind die Einblicke, die er oder sie mir geben wird? Wie neutral ist der Autor/ die Autorin?


Wer also ist Robert Lacey?

Lacey wuchs in Bristol auf und studierte Geschichte im Cambridge, wo er 1970 mit einem Master- Grad abschloss.
Danach arbeitete er als Journalist für so renommierte Zeitungen wie die Sunday Times.
Seine Bücher über die Saudische Königsfamilie gelten inzwischen als Standardwerke zum Thema.
Im Zuge seiner Studien zu den Büchern freundete er sich auch mit dem Journalisten Jamal Kashoggi an, der auf Befehl des Saudischen Kronprinzen 2018 grausam ermordet wurde. (Darauf kommt er auch im Zusammenhang mit einem Paar Ohrringe zurück, die Meghan Markle zu ihrer Hochzeit vom Saudischen Kronprinzen geschenkt bekam, und mehrmals trug, obwohl sie um den Mord sehr wohl wusste.)

Lacey schrieb diverse hochgelobte königliche Biografien, machte Dokumentationen für das Fernsehen und ist tätig als Berater für die international erfolgreiche Netflix Serie „The Crown“.
Dass er für Netflix arbeitet, macht ihn zunächst verdächtig, heißt es doch „Wes‘ Brot ich esse, des‘ Lied ich sing'“. Tatsächlich lässt sich über seine Neutralität in Bezug auf Netflix keine Aussage treffen, da die Doku nach Erscheinen seines Buches herauskam.

Insgesamt kann man sicherlich sagen, dass er so neutral als möglich ist. Seine Quellen sind gut (er zitiert mehrmals Gespräche mit Personen aus dem innersten Kreis der Königsfamilie) und er beschreibt auch, wann er Probleme hatte, etwas zu recherchieren, bzw. wenn er einfach keinen Beleg für etwas hat. So bei Gesprächen, die unter vier (oder sechs) Augen stattgefunden haben. (Hier kann er natürlich nicht einmal Harrys Autobiografie ins Feld führen, denn die lag ja noch nicht vor)

Im Anhang findet man noch einmal seine Hauptquellen mit Anmerkungen zu dem jeweiligen Kapitel.

Was mir zu kurz kommt (aber das ist praktisch bei allen Titeln so, die ich zum Thema gelesen habe):

Es gibt keine korrekten Quellenbelege.

Wenn ich also lese: Prince Charles schreibt an seinen Privatsekretär im Januar 2022: „XXXXX“, dann möchte ich einen Anhang, in dem steht: Brief des Prinzen von Wales an XY vom 12.01.2022; Archiv des Hauses Windsor
Dann weiß ich, dass es nicht nur Gelaber ist, sondern, dass ich es zur Not nachlesen kann.
Oder, dass Zeitungsartikel korrekt benannt werden, aus denen zitiert wird.

All dies sind Sachen, die ich gerade heutzutage enorm wichtig finde, wo die Kunst der Falschinformation zu immer neuen Hochsprüngen ansetzt. Natürlich muss sich niemand die Mühe machen, im Archiv der Times zu stöbern – aber ich will zumindest die Möglichkeit haben.
(Selbst wenn es sich nicht um einen wissenschaftlichen Text handelt.)

Schön, dass wir darüber gesprochen haben.

Wie also liest sich das Buch? Ist es überhaupt informativ?

Definitiv. Ich habe die mehreren hundert Seiten in wenigen Tagen durch gehabt und mich nicht eine Sekunde gelangweilt.

Lacey hat einen wirklich humorvollen Schreibstil, den ich immer wieder bei englischen Autoren bemerke. Es ist das Augenzwinkern, mit dem sie das Berichtete kommentieren. („…den gleichen durchdachten, professionellen Rat, den sie jetzt vielen ihrer Top-Klienten in den Vereinigten Staaten gaben: Klagt die Wichser in die Hölle!„…)
Oder als Harry und Meghan eine Einladung nach Balmoral absagten, weil sie mit Klein- Archie nicht so um die Welt jetten wollten, aber keine Bedenken hatten, stattdessen an die Côte d’Azur zu fliegen und dort Elton John und seinen Mann zu treffen. Dies kommentiert er mit dem Zitat: „Die Côte d’Azur mit Elton, aber nicht Balmoral mit Omi? Sie scheinen ihre Queens durcheinander zu bringen …“ („Queen“ ist ein positiv besetzter umgangssprachlicher Ausdruck für männliche Homosexuelle.)

Er führt uns durch die Geschichte der beiden Brüder und zieht immer wieder auch Parallelen mit der Geschichte des Hauses Windsor. (Wie viel haben Meghan und die verstorbene Herzogin von Windsor Wallis Simpson gemeinsam?) Auch erklärt er Fragen wie die nach den Titeln für Harrys Kinder. (Bei denen er ganz offensichtlich besser Bescheid weiß als Harry selbst).
Natürlich darf auch die (Ehe-) Geschichte von Charles und Diana nicht fehlen, die solch weitreichende Konsequenzen für die Monarchie hatte, und die Beziehungen der Söhne mit Sicherheit maßgeblich beeinflusste.
So liegt in der so öffentlich gescheiterten Ehe der Eltern der Grund sowohl für das fast zehnjährige Abwarten von William, wie für die Wirbelwind-Romanze Harrys.

Natürlich betrachtet Lacey auch die Frage nach der Situation zwischen den beiden Ehefrauen der Prinzen, Catherine und Meghan. Er weist die Behauptungen zurück, dass der Streit zwischen den Frauen Ursprung für die Auseinandersetzungen zwischen den Bürgern gewesen wäre. Im Gegenteil. Die Frauen seien von Anfang an recht gut miteinander ausgekommen, bis es zwischen den Männer geknallt habe, woraufhin die Ehefrauen den Schulterschluss mit ihren Männern geübt hätten.
Tatsächlich habe Kate noch anlässlich der Beisetzung von Prince Philipp die beiden Brüder dazu bewegen können, miteinander ein paar Worte zu wechseln, was von den Fernsehkameras festgehalten wurde. Nachdem die beiden angefangen hatten zu sprechen, zog Kate sich diplomatisch geschickt zurück. („Perfektes Königinnen-Material!“, kommentierte die englische Presse Kates geschickte Diplomatie)

Lacey analysiert die Situation der Brüder und inwiefern die (Familien)Geschichte beide in ihren Entscheidungen beeinflusst hat.
Er geht im Prinzip immer gleich vor: Er analysiert eine Situation, betrachtet die Geschichte, die zu diesem Punkt geführt hat und kommentiert dies sodann.
Das lässt den Lesern die Möglichkeit, sich ein eigenes Bild zu machen und zu den eigenen Schlussfolgerungen zu kommen. Wobei man tatsächlich meistens mit ihm übereinstimmt, wenn ich ehrlich sein soll.

Wenn ich nun ein Fazit ziehen soll, kann ich sagen, dass ich das Buch definitiv empfehlen würde.
Sollte es einen Folgeband geben, der sich mit den Ereignissen nach dem Oprah- Interview befasst, würde ich ihn definitiv kaufen.
Es wäre – wie in so vielen Fällen – fabelhaft, wenn sich ein deutscher Verlag finden würde, der die Rechte kaufen würde und eine deutsche Übersetzung präsentieren.

Da Penguin Randomhouse inzwischen auch ein deutsches Standbein hat (hier erschien Prince Harrys „Reserve“), hoffe ich immer, dass die sich in den Trubel werfen und Titel auf Deutsch herausbringen. Die Verkaufszahlen für „Spare“ dürften das auf jeden Fall rechtfertigen.