Zum Sterben schön …

Von Tapeten und Erbschaftspulver

Lasst mich mal ein paar Schlagworte in den Raum werfen —-

William Morris – Tapeten – Queen Victoria – Hexenjagd – Napoleon – Dschabir Ibn Hayyan – Grün – Scheele – Emma Bovary – Gesche Gottfried – Jack the Ripper —

Ich könnte die Aufzählung schier endlos fortsetzen und würde sicherlich mehr Verwirrung denn Klarheit stiften.

Was aber ist der gemeinsame Nenner all dieser Schlagwörter? Nun …

ARSEN!!!!

Der Stoff, der Generationen in Angst und Schrecken versetzt hat, wurde besonders im 19. Jahrhundert als so genanntes „Erbschaftspulver“ eingesetzt. Der Giftmord kam auf breiter Front ganz groß in Mode.
Wenn auch Dumas in seinem „Graf von Montechristo“ eher abriet, zu dieser Methode zu greifen (sie war ZU populär und deswegen dachte bei jedem unklaren Todesfall jeder zuerst an Arsen …)
Dennoch griff man gerne zu. Arsen war weit verbreitet und wurde in Haushalten z.B. zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt.

Arsen gab es also in jedem Haushalt. Es fand sich in Fliegenpapier und wurde gegen Ratten gestreut. Man bekam es praktisch überall zu kaufen und – zumindest in England – bis 1851 ohne irgendwelche Beschränkungen. Erst danach wurden Giftregister eingeführt und nur noch konzessionierte Händler, wie z.B. Apotheker, durften Arsen verkaufen.
Auch der Verkauf an Kinder wurde verboten (!)
Die Arsen- Vergiftung wiederum war nicht ganz so klar nachweisbar, wie man vermuten würde. (Bis die entsprechenden forensischen Nachweise entwickelt wurden). Durchfall und Erbrechen, die hervorstechendsten Symptome, kamen in der gleichen Form bei diversen Infektionskrankheiten und auch bei schweren Lebensmittelvergiftungen vor, die im 19. Jahrhundert wesentlich häufiger auftraten als heutzutage.

Wie kommt nun Jack the Ripper in dieses düstere Bild?
Vielleicht sagt den Name James Maybrick all jenen etwas, die sich mal mit den verschiedenen Kandidaten für die Täterschaft befasst haben. James Maybrick gilt vielen als ganz heißer Kandidat.
Der vermögende englische Baumwollhändler schrieb aber noch aus einem anderen Grund Kriminalgeschichte:
Der doppelt so alte Mann lernte 1881 die junge Amerikanerin Florence Chandler kennen. Kurz darauf heirateten die beiden. Die Ehe wurde zur Katastrophe. Beide hatten außereheliche Affären und Maybrick misshandelte seine junge Frau. Als er 1889 nach kurzer Krankheit verstarb, entstanden schnell Gerüchte, seine Frau habe sich seiner entledigt.
Zudem entstand die Theorie, er habe im Jahr zuvor die ominösen Whitechapel- Morde begangen. Die Mordserie habe eben deswegen geendet, weil der Täter seinerseits selbst Opfer eines Mordanschlags geworden sei. Dies wurde in den 1990er Jahren in einem angeblich authentischen Tagebuch beschrieben, was sich aber später als Fälschung erwies. (Aber das ist für einen anderen Tag … 😉 )
Florence Maybrick wurde angeklagt und nicht zuletzt die Aussage eines Dienstmädchens, das sie dabei beobachtet hatte, wie sie Fliegenpapier in Wasser tränkte (angeblich um sich ein Schönheitswässerchen selbst zu brauen), erwiesen sich als verhängnisvoll.
Florence Maybrick wurde verurteilt, doch nach 14 Jahren in Haft freigelassen. 1904 kehrte sie in die USA zurück, schrieb ein Buch, das sie selbst entlasten sollte und starb 1941 vereinsamt.

Damit hätte ich nur einen von zahlreichen Fällen kurz umrissen. Auch in Deutschland gab es mit der berüchtigten Gesche Gottfried eine Serien- Gift- Mörderin, die als letzte Frau in Bremen öffentlich hingerichtet wurde.

Und nun – Auftritt William Morris, Arts and Crafts und die grüne Tapete!

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Wer sich mit der Kunstgeschichte Englands im 19. Jahrhundert befasst, kommt um William Morris und seine Arts and Crafts- Bewegung nicht herum.
Er war stilprägend für ganz Europa und sein noch heute erhaltenes Haus in Kelmscott ist absolut einen Besuch wert.
Zum Glück müssen wir heute nicht mehr in seinen Tapeten wohnen, kann ich nur sagen.
Zu seinem künstlerischen Werk zählte nicht nur Dichtung, Malerei und Kunsthandwerk – er entwarf auch Tapeten.
In strahlenden Farben schuf er hier jene Muster, die ihn weltberühmt machten und bis heute in allen allen Formen und Variationen verkauft werden.
Zur Herstellung dieser brillanten Töne griff man allerdings seinerzeit auf – ihr ahnt es – ARSEN zurück.
Die Herstellung von Papiertapeten wurde immer preiswerter und bald hatte jede gutbürgerliche Familie eine solche Zierde an ihren Wänden. Allerdings kam es auch öfter zu Todesfällen, die zunächst keine Erklärung fanden.
Man hätte es besser wissen können – in England – denn auf dem Kontinent waren die Arsen- Tapeten bereits verboten, als sich Morris noch immer weigerte, die fürchterlichen Folgend des Arsen- Einsatzes anzuerkennen und von einer Hexenjagd sprach.
Den erklärten Sozialisten und Philanthropen interessierte auch nicht, unter welchen Bedingungen sogar Kinder in seiner Miene schufteten.
Bereits in den frühen 1860 Jahren gab es eine Untersuchung, in deren Zuge er zugeben musste, dass sechsjährige Mädchen im giftigen Abraum Erze aussortierten, während zehnjährige Buben in den Miene beim Untertageabbau schufteten. (Alleine die Zeichnungen der körperlichen folgen können einen aus den Stiefeln hauen … Nichts für schwache Mägen!)

Besucher jener Tapetenfabriken, in denen die mörderische Dekoration hergestellt wurde, klagten, dass man dort kaum atmen könne, weil die Luft angereichert sei mit den giftigen Pigmenten von Schweinfurter Grün etc.

Doch nicht nur Tapeten vergifteten die Menschen nachhaltig – die arsenhaltigen Farben kamen in Stoffen und Pflegeprodukten vor. Bereits im Jahre 1884 gab es Untersuchungen in Massachusetts, die darlegten, dass durch ein Kleid mit arsenhaltigem Tarlatan pro Stunde beim Tanzen 20- 30 Gran des Pigments abgegeben werde.
In einem anderen Bericht stand zu lesen, dass in einem einzigen grünen künstlichen Blätterkranz genug Arsen enthalten sei, um 100 Menschen zu töten.
Die Zeitungen berichteten, Wissenschaftler belegten – und selbst im Buckingham Palace griff die Angst derart um sich, dass Queen Victoria befahl, die tödlichen Tapeten entfernen zu lassen.
Ein Verbot durch die Regierung erfolgte dennoch nicht.
Bereits im Jahre 1858 fragte eine Zeitung in England, warum die eigenen Bürger nicht genauso wie die in Kontinental- Europa durch Gesetze vor so etwas geschützt würden. Die Antwort ließ auf sich warten …

Ihr ahnt es bereits: Es gibt noch eine düstere, wenig charmante Seite an Mister Morris und die hat mit eben diesem Arsen zu tun …

Rund die Hälfte des weltweit gewonnen Arsens kam in den 1870er-Jahren aus der „Devon Great Consols“-Kupfermine im Südwesten Englands. Diese wiederum gehörte William Morris. (Welche Überraschung!)
So mag es auch nicht verwundern, dass er sich vehement gegen ein Verbot von jenen tödlich schönen Tapeten und der Verwendung von Arsen bei der Farbenherstellung wehrte, ja sie als Hexenfieber bezeichnete.
Deutschland, Frankreich, Österreich … sie alle hatten spätestens in den 1860 Jahren die Verwendung von Arsen(farben) und gesundheitsgefährdenden Stoffen reglementiert, bzw. komplett verboten.
Nicht so in England. Erklärterweise wollte man der Industrie nicht ins Handwerk pfuschen, und sich generell lieber aus Wirtschaftsangelegenheiten heraushalten.
Dann aber erledigte sich das Ganze praktisch von selbst.
Man hatte inzwischen Tapeten auf Ölbasis entwickelt, die auch noch abwaschbar waren. Hier hatte Arsen keinen Platz mehr. Und die Verbraucher begegneten der Möglichkeit, die eigenen vier Wände noch sauberer zu halten mit offenen Armen.
Das Ende der tödlichen Schönheit war gekommen.

Und was ist mit unseren Giftmischern? Nun – sie nutzten das leicht erhältliche Gift noch immer rege, wurden aber auch immer häufiger erwischt. Leider meistens zu spät für das Opfer, welches einen kaum vorstellbaren Todeskampf zu erleiden hatte.

Jesus – jetzt hätte ich beinahe Napoleon vergessen!!!! Was DER mit Arsentapeten zu tun hatte? Nun – es wurde in weiten Kreisen gemutmaßt, seine englischen „Gastgeber“ auf Sankt Helena hätten ihn absichtlich mittels dieser Tapeten vergiftet. Tatsächlich fand man bei seiner Exhumierung Reste von Arsen in seinem (sehr gut erhaltenen Körper), doch lassen sich diese Mengen zum einen auf den Umstand zurückführen, dass Arsen in der Umwelt natürlich vorkommt und zum anderen auf die Tatsache zurückführen, dass Napoleon jahrelang kleine Mengen Arsen zu sich nahm, in der Hoffnung, sich so gegen Giftanschläge zu immunisieren.

Und unser arabischer Freund Dschabir Ibn Hayyan? Den habe ich ganz vergessen … Er war der ENTDECKER von Arsentrioxid …

LESETIPP:

Der wunderbare Bildband „Gefährlich schön“ von Lucinda Hawksley, erschienen im Gerstenberg- Verlag. (Die Autorin selbst klingt, als käme sie aus einem viktorianischen Schauer- Roman … )

GUCKSDU:

Auf YouTube sei allen, die des Englischen mächtig sind, die Doku „Hidden Killers of the Victorian Home“ der Historikerin Susannah Lipscomb ans Herz gelegt.

James VI+ I – Die Geschichte eines Überlebers

Bekanntlicherweise wetten die Briten ja gerne. Das weiß jeder.
Und hätte man bei der Geburt dieses Mannes Wetten auf seine zu erwartenden Lebensjahre angenommen, wären prächtige Quoten dabei rausgekommen. Wer auf ein langes Leben und einen Tod im Bett gewettet hätte, den hätte man in Schottland schlicht ausgelacht. Allerdings wäre er oder sie nach ein paar Jahrzehnten auch ein verdammt reicher Mann (oder Frau) gewesen.

Wen wir hier in seiner ganzen Pracht sehen (und nachdem einige Leute in unserem Gedankenspiel ganz ordentlich Geld verloren hätten), ist König James VI und I.
Genau!
James VI von Schottland und – nach dem Tod von Königin Elizabeth I – James I von England. Der Mann, der ohne Krieg und Abschlachten die beiden Länder vereinte.
(Und ganz nebenbei der Erfinder von „Großbritannien“ und Designer des „Union Jack“, der die Fahnen Schottlands und Englands vereint.)
Wir ahnen bereits – der Junge, der da am 19. Juni 1566 in Edinburgh Castle das Licht der Welt erblickte – wurde zu einem wirklichen Tausendsassa.

Wobei – zu seiner Geburt hätte er eigentlich bereits tot sein müssen. Das war zumindest der Plan seines Vaters …

Und damit steigen wir mitten hinein in die höchst wechselvolle, verworrene und schwer zu begreifende Geschichte des kleinen James und seiner schottischen Heimat.

Verworren? Wechselvoll? Warum das?
Nun – nicht zuletzt wegen James‘ Mutter – der berühmten Mary Queen of Scots.

Mary war – nachdem ihr erster Mann, der französische König Francois II plötzlich verstorben war – in ihre (ihr eher unbekannte) schottische Heimat zurückgekehrt.
Hier empfing man sie als Fremde mit einer fremden Religion, denn sie war eine überzeugte Katholikin, wohingegen die meisten Schotten Protestanten waren und zwar von der rigideren Sorte.
(Ich will ihre Geschichte jetzt sehr stark kürzen, denn es geht uns ja um ihren Sohn.)
Bedingt durch ein paar geschickte Manöver von Seiten ihrer englischen Cousine Elizabeth I, und ein paar weniger geschickten Manövern ihrerseits, heiratete sie den ebenso schönen wie dämlichen und trunksüchtigen Lord Darnley. (Durch ihn erfolgte übrigens das Zugriffsrecht auf den englischen Thron – was (und das ging Elizabeth wohl nicht schnell genug auf. Einer ihrer wenigen Fehler …) bedeutete, dass Marys ältestes Kind versuchen könnte, seinem Recht ein wenig eher auf die Sprünge zu verhelfen.
Bald hatte Mary nicht nur einen durchtriebenen, versoffenen Kontrollfreak am Hals, sondern auch noch eine Bevölkerung, die wenig von der luxusverwöhnten „Französin“ hielt.
Und so verschanzte sie sich förmlich mit ein paar Getreuen, zu denen auch ihr Sekretär David Rizzio gehörte, den so mancher für einen papistischen Spion hielt, in ihren Schlössern.
Derweil verschlechterte sich ihr Image im Land massiv und die schottischen Lairds begannen mit dem, was sie am besten konnten: Verschwörungen schmieden!
Und so hat James‘ – vor Eifersucht rasender – Vater bald einen guten Grund, Rizzio aus dem Weg zu räumen und seine Gemahlin unter seine Kontrolle zu bekommen. Mit ein paar getreuen Lords stürmte er das Abendessen seiner hochschwangeren Gattin und zwang diese dabei zuziehen, wie man Rizzio förmlich zerhackte.
Man munkelte, dass er dies nicht zuletzt mit dem Ziel getan habe, um eine Fehlgeburt bei der geschockten Königin auszulösen. In seinem wirren Verstand (er litt unter Syphilis) hielt er Rizzio für den Vater des von der Königin erwarteten Kindes. (Moderne Historiker gehen übrigens davon aus, dass auch ein Gutteil Eifersucht im Spiel war, denn es gilt als höchst wahrscheinlich, dass Darnley und Rizzio zuvor eine Affäre gehabt hatten…)

Gewiss war Mary geschockt. Sie begab sich zu Bett um sich zu erholen. Doch aus welchem Holz sie tatsächlich geschnitzt war, ahnte ihr mörderischer Gemahl nicht einmal.
Bis heute wird spekuliert, wie groß ihr Anteil am Mord an ihrem zweiten Gatten war. Ich schätze mal – er war nicht gering.
Ja – genau! Der gute Henry segnete nach diesem Mord nämlich recht schnell selbst das Zeitliche.
Von einem Anfall von Syphilis ans Bett gefesselt und nach einem letzten Besuch durch seine Gattin, flog sein Haus mit Krawumm in die Luft. Allerdings … die Leiche des Prinzen fand man unweit der Ruine … Erdrosselt! (Die Explosion hatte ihn wohl nicht entscheidungsfreudiger gemacht, was das In- den- Tod- Gehen angeht …)


Fassen wir zusammen:
James wir in eine Welt, in ein Land hineingeboren, wo der (unnatürliche, gewaltsame) Tod zum Alltag gehörte.
Oder wie ich immer so schön sage: Die Schotten haben die Engländer nie gebraucht. Selbst das sich Niedermetzeln haben sie ganz alleine gekonnt.
Und so war es auch kein Wunder, dass die Königin nur all zu bald gestürzt wurde, den kleinen James weggenommen bekam und ihr Heil in der Flucht nach England suchen musste.

Mutter und Sohn sollten sich nie mehr wiedersehen. Doch James vergaß sie nie, wie wir noch sehen werden.

Was James‘ Umfeld angeht, so hätte man dem kleinen Knirps an dieser Stelle sicherlich die Ruhe einer freundlich gesinnten Pflegefamilie gegönnt. Sich glättende Wogen und ein geruhsames Heranreifen zum Mann.
Man ahnt es – es war dem Jungen nicht vergönnt.
Stattdessen rissen sich bald die Adligen, die Clanchiefs, und die Möchtegerns um den „König in der Wiege“. Und sie taten das, was die Schotten zu der Zeit am besten konnten: Sie schnitten sich gegenseitig die Gurgeln durch.
Regenten kamen und starben.
Und als wäre dieses Metzeln um seine Kinderstube herum noch nicht genug gewesen, so brachte das Kind auch noch eine merkliche Verkrüppelung mit: Seine Beine waren stark unterentwickelt und quälten ihn mit ihrer dürren, gebogenen Form so, dass er meist nur auf andere gestützt gehen konnte.
Der einzige Platz, wo es James gut ging und wo er seine Verkrüppelung vergessen konnte, war tatsächlich im Sattel. Wenn er ritt, war er in seiner Mitte.
Und so entdeckte er bald die Jagd für sich. Exzessiv blieb er ganze Tage im Sattel und wenn man ihn locken wollte, brauchte man ihm nur eine ordentliche Jagdausbeute in Aussicht stellen.
Pferde waren mithin seine große Leidenschaft und als der Herzog von Guise ihm eines Tages sechs wundervolle Pferde schenkte, bekniete ihn sein Prediger, diese Geschenke eines notorischen Papisten und Verführers zurückzugeben. James erwiderte, sein Körper sei rein und unberührt.
Und behielt die Pferde.

Mit so einer Geschichte im Rucksack mag auch klar sein, warum James fast keine Freunde hatte. Stattdessen begann er zu lesen, Sprachen zu lernen. Er schrieb Bücher und Traktate und genoß nichts so sehr wie das Reiten und gelehrte Diskussionen.
Doch noch waren die tödlichen Gefahren nicht ausgestanden …

Im Jahre 1582 kam es zu einer Entführung des Knaben. Man setzte ihn in Ruthven Castle fest, wo er um sein Leben fürchtete. Nicht zu Unrecht … Denn in einer düsteren Nacht schrieb der verzweifelte Junge an die Wand: „Ein Gefangener bin ich. Freiheit werde ich erlangen.“
Am nächsten Tag fand er unter diesen Worten folgende Antwort: „Ein Papist bist du und der Freund eines Sklaven. Einen Strick verdienst du und den wirst du erhalten!“
Kann man sich vorstellen, was in diesem Jungen vorgegangen sein muss, der schlussendlich ein ganzes Jahr von allen verlassen in dieser Gefangenschaft bleiben musste?

Am Ende kam er wieder frei und konnte herrschen. Und er überraschte alle! Denn statt grausame Rache an seinen Peinigern zu nehmen, bot er jenen, die in Schottland geblieben waren, die Hand zum Frieden an.
Sie mussten nichts weiter tun, als seine Person anzuerkennen und seine Macht nicht anzugreifen. Was sie – wenig verwunderlich – taten.

Im Februar 1587 nun ereilte Queen Mary ihr Schicksal und sie wurde wegen Verschwörung gegen Elizabeth I hingerichtet.
Hier möchte ich auf ein paar Parallelen und den zynischen Humor der Geschichte, der sich wohl kaum je so deutlich offenbart, wie in der Geschichte des 16. Jahrhunderts, hinweisen.
Elizabeth I: Tochter einer hingerichteten Mutter (Anne Boleyn); Elizabeth wurde als junges Mädchen durch ihre Schwester Mary inhaftiert und kam nur knapp mit dem Leben davon, während enge Vertraute hingerichtet wurden.
James VI: Sohn einer hingerichteten Mutter (Queen Mary); James wurde entführt und festgesetzt und musste – wie Elizabeth – um sein Leben fürchten.
Elizabeth versuchte durch die Hinrichtung Queen Marys nicht zuletzt deren Griff nach der englischen Krone zu unterbinden und verschaffte nur deren Sohn den Thron, da sie selbst ohne Kinder starb. So kann man sagen, dass Mary für ihren Sohn starb. Doch damit beförderte sie keinen überzeugten Katholiken auf den schottisch- englischen Thron, sondern einen moderaten Protestanten.

Zu welchem Vorteil Großbritanniens werden wir bald sehen …

Ich bin pleite – Ich habe Geld – Ich bin pleite!


So könnte man James finanzielle Situation zeitlebens zusammenfassen.
Als er König von Schottland war, regierte er ein armes Land als armer König. Von üppiger Hofhaltung, wie sie noch seine Mutter gepflegt hatte, konnte nicht mehr die Rede sein.
Seine Jagden fraßen systematisch seine Schatulle leer und die Steuereinnahmen blieben überschaubar.
Dies änderte sich, als er den englischen Thron bestieg.
Elizabeth hatte solide Finanzen und gut gefüllte Kassen hinterlassen. Ihr Privatleben war überschaubar luxuriös und Kinder oder Ehepartner hatte sie keine zu alimentieren.

Bei James sah es da ganz anders aus. Wenn er auch selbst am besten an schlichter, praktischer Jagdkleidung zu erkennen war und sein Geld eigentlich nur für die Jagd, Pferde und seine heißbeliebten Hunde ausgab, so geriet er doch bald in arge Not, was seine Kasse anging.
Soweit so gut.
Aber dann kam England … Und hier fühlte er sich wohl plötzlich, als sei er im Schlaraffenland aufgeschlagen. Geld, Gold und Reichtümer wohin das Auge reichte. Fruchtbares Land und ein reger Handel mit der ganzen Welt.
Kurz – einmal mehr passte James sich an. Nur diesmal leider nicht zum Positiven. Er begann nämlich, Geld auszugeben.
SEHR viel Geld. Er entdeckte eine ungebremste Leidenschaft für Juwelen und teure Favoriten.
Im Gegensatz zu dem, was man seinen Landsleuten nachsagte, war James ein von Natur aus extrem großzügiger Mann. Bat man ihn um etwas, so mühte er sich, den Wunsch zu erfüllen. Er gab Geld, Titel, Anrechte, Ländereien …
Und damit begann ein bemerkenswerter Kampf mit dem Parlament.

Das englische Parlament und das liebe Geld …
Zur Erklärung: In England konnte eine Steuer nur erhoben, oder angehoben werden, wenn das Parlament vorher zustimmte. Brauchte ein König Geld z.B. vor einem Krieg, musste er das Parlament zusammenrufen und dieses musste die entsprechenden Gelder bewilligen.
Dies – das kann man sich vorstellen – führte dazu, dass das Parlament zuvor stets eine Rechnung präsentierte.
Will sagen: der Herrscher hatte Zugeständnisse zu machen und erst dann gab es Geld.
Es gab nun Könige, die das hoheitsvoll hinnahmen und weitermachten.
Und es gab Könige wie James (und später seinen Sohn Charles), die sich in einen unablässigen Kampf mit dem Parlament stürzten, es auflösten, wieder einberiefen, nur um es wieder davonzujagen. Die auf ihr göttliches Vorrecht pochten, nur um sich an der parlamentarischen Front die Nase blutig zu schlagen und schlussendlich versuchten, Geld ohne Parlament locker zu machen.
James allerdings begab sich in ständige Händel mit dem Parlament und sann beständig nach neuen Quellen für seine Einkünfte.
Was nun auf den ersten Blick problematisch wirkt, hatte – auf den zweiten Blick – einen unglaublichen Vorteil für Großbritannien: Es hielt das Land aus den Schlachten des Dreißigjährigen Kriegs!
Und das, obwohl eine der Hauptakteurinnen keine andere war als Elizabeth, die Tochter von König James …

Prinzessin Elizabeth und der pfälzische Winter

Wie es damals üblich war, wurde Elizabeth nicht von ihren Eltern, sondern von loyalen Adelsfamilien als eine Art Pflegekind erzogen. In ihrem Fall streng protestantisch, was sie auch in enge persönliche Verbindung zu ihrem Bruder, dem Thronfolger Henry, brachte.
Ab dem Jahr 1610 begann der Hof eine Verheiratung der Prinzessin zu planen. Es kamen zahlreiche Bewerber in Frage. Am Ende fiel James‘ Entscheidung für den pfälzischen Kurfürsten Friedrich V, einen wichtigen Vertreter der Protestantischen Union, mit der sich James kurz zuvor verbündet hatte. (Auch wenn Königin Anne gegen diese Heirat war, musste sie sich doch am Ende beugen.)
James – wie immer den Ausgleich suchend – plante als Gegengewicht zu dieser protestantischen Eheschließung die Verheiratung seines Sohnes Charles mit einer katholischen Prinzessin (wir erinnern uns: der Grund, warum Charles und Villiers nach Spanien reisen sollten …)

Ich mache mal wieder eine Abkürzung ———

Elizabeth und Friedrich heirateten und liebten sich offensichtlich in jeder Hinsicht, denn der Ehe entsprangen nicht weniger als DREIZEHN Kinder!
Doch dem guten Friedrich war die Pfalz (und Schloss Heidelberg) nicht genug. Nachdem zahlreiche Kandidaten dankend abgewinkt hatten, nahm er die böhmische Königskrone begeistert an. (Habe ich erwähnt, dass Friedrich über keinen besonders ausgeprägten Verstand verfügte?)
Es hätte ihm zu denken geben müssen, dass jeder, der nur einigermaßen mit den religiös- politischen Vorgängen vertraut war, tunlichst die Finger von dieser Krone ließ …
Friedrich aber zog mit Frau und Kindern nach Prag.
Und jetzt erfahren wir, warum der „Winterkönig“ heißt … Eben! Er herrschte dort nur einen Winter lang. Tat was Könige so tun – feiern eben und hielt das lauter werdende Knallen wahrscheinlich für Feuerwerk.
Das mochte auch der Grund sein, warum seine Familie urplötzlich derart überstürzt fliehen musste, dass man den Säugling Ruprecht tatsächlich auf einer Bank in der Prager Burg vergaß. Erst ein Höfling, der noch etwas holen wollte, fand das Baby, schnappte es und rannte dem vom Schlosshof rumpelnden Kutschenkonvoi hinterher. Mit letzter Not schaffte er es, das Baby in die letzte Kutsche (die mit dem Gepäck) zu werfen. (Über Ruprecht wird es noch einen gesonderten Blog geben. Er hat es verdient. Glaubt mir!)
Von da an blieb die Familie auf der Flucht. Erst in DenHaag kam man zur Ruhe. Friedrich starb und seine Frau hatte ihre liebe Not – stets auf den Goodwill anderer angewiesen – sowohl ihre große Familie als auch ihre politischen Ziele am Laufen zu halten.
Und so bestürmte sie ihren Vater in London wieder und wieder, ihr Geld und Truppen zu schicken, die protestantische Sache zu untersützen.
Von James kam viel. Vor allem – gute Worte …
Was Elizabeth nämlich nicht wusste: Ihr Vater war pleite.
Selbst wenn James gewollt hätte – er hätte kein Geld oder Truppen liefern können.
Zudem widerstrebte ihm die protestantisch- katholische Metzelei auf dem Kontinent zutiefst. Er war nach wie vor ein Mann des Ausgleichs (weshalb ihm ja auch die moderate englische Staatskirche so gut gefiel …) und damit ein großes Vorbild auch für moderne Regierungschefs.
Er schickte seiner Tochter also ein kleines Militär- Kontingent und ging zum Jagen.

Der Gunpowder- Plot

Remember, remember, the 5th of November,

Gunpowder, treason and plot.

I see no reason

Why gunpowder treason

Should ever be forgot.

Guy Fawkes, Guy Fawkes, ‚twas his intent

To blow up the King and the Parliament

Three score barrels of powder below

Poor old England to overthrow

By God’s providence he was catch’d

With a dark lantern and burning match

Holler boys, holler boys, let the bells ring

Holler boys, holler boys

God save the King!

Kein Kind in Großbritannien, das diesen Reim nicht kennt. Kein Erwachsener, den es am 5. November nicht zu einem der vielen Feuerwerke und Freudenfeuer ziehen würde, um jenen Tag zu feiern, an dem beinahe nicht nur der König, sondern das gesamte englische Parlament in die Luft gesprengt worden wäre.
Benannt wurde die Verschwörung nach Guy (oder Guido) Fawkes, der allerdings gar nicht der „Erfinder“ war – aber sei‘ s drum.
Machen wir es kurz: England – protestantisch – Katholiken nicht gut gelitten.
Seit sich der notorisch klamme Heinrich VIII von der katholischen Kirche abgewendet hatte (wobei deren Vermögen, Grundbesitz, Kirchen etc rein zufällig in seinen persönlichen Besitz übergingen), hatte man in Rom noch eine Rechnung mit London offen. Der jeweilige König wiederum war sich dessen nur allzu bewusst und versuchte nach Kräften, dem entgegenzuwirken.
Zunächst einmal, indem er (oder sie) die Katholiken sozusagen als Fremde im eigenen Land betrachtete und auch so behandelte.
Abwechselnd mussten Katholiken dem Herrscher unbedingten Gehorsam schwören, religiöse Gefolgschaft oder zumindest ihren Glauben im Verborgenen ausüben.
Die Strafen bei Zuwiderhandlung waren nicht zimperlich. Von nennenswerten Geldstrafen bis zum Tod im Feuer hielt man das komplette Arsenal gegen die „Papisten“vor. Wobei je nach politischer Gesamtwetterlage auch mal alle Augen zugedrückt werden konnten. Ganz nach dem Motto: Verräter ist, wen ich so nenne!

Natürlich gab es auch tatsächliche Verschwörungen und die um Guy Fawkes (der Einfachheit halber) war so eine. Man hatte unter dem Parlamentsgebäude fassweise Schießpulver gesammelt, um – sobald König und Abgeordnete versammelt wären – die ganze Gesellschaft in die Luft zu jagen.
Es gibt nun diverse Theorien, wie das herauskam. Landläufig gilt jene am wahrscheinlichsten, die da besagt, dass einer der Verschwörer einen befreundeten Parlamentarier warnte, woraufhin dieser die Sache meldete. Als man den Keller durchsuchte, fand man einen Verschwörer und hob den Rest rasch aus.
Der Preis war mehr als hoch, und jeder der Männer kannte ihn: nicht nur tagelange, wochenlange Folter, sondern die grausamste Hinrichtungsart, die man sich vorstellen kann: Hanged, Drawn and Quartered!
Heißt: die Delinquenten wurden am Hals aufgehängt und – kurz bevor der Tod eintrat – wieder abgenommen. Sodann weidete man sie bei lebendigem Leib aus. Die Eingeweide, sowie die abgeschnittenen Genitalien wurden sodann dem Publikum gezeigt und dann verbrannt. Anschließend wurde der restliche Körper zerhackt.
Guy Fawkes, der die Agonie seiner Freunde beobachten musste, rettete sich durch einen Sprung vom Schafott, indem sein Genick brach. (Offensichtlich war die Angst vor dieser Tortur größer als die vor der Ewigen Verdammnis …)

Für die folgenden Ermittlungen gegen mögliche weitere katholische Verschwörer erhielt der König übrigens jeglichen Betrag, den er forderte … Schlagartig hatte er mit dem Parlament keinerlei Probleme mehr.

König der Hexenjäger – König der Hexenversteher

Da das Thema „König James als Hexenjäger“ derart wichtig ist (nicht zuletzt mit Blick auf meinen Roman „Afra – Die Geliebte des Hexenjägers“), verweise ich hier nur kurz auf sein Werk „Daemonologie“ und bitte, auf den eigentlichen – gesonderten – Beitrag zum Thema zu warten. Danke!

George Villiers, der König, und all die anderen hübschen Kerls

Hier sehen wir Robert Carr, den ersten offiziellen Favoriten von James, der dann von George Villiers abgelöst wurde.
Darunter das Bild seiner Geliebten Frances, aus dem mächtigen Hause Howard (die zwei der Ehefrauen König Henry VIII gestellt haben)
Ich gestehe, dass ich Frances an dieser Stelle nur deswegen erwähne, weil ihr Kleid ein hervorragendes Beispiel der Damenmode des Adels der damaligen Zeit war. Von wegen „prüde“ und so …

Man ahnt es bereits … Was viele Generationen lang nur verschämt zwischen den Zeilen angedeutet wurde, kann man heutzutage deutlich als das benennen, was es war: Homosexualität.
In James Fall möglicherweise Bisexualität. Auf jeden Fall galt seine große Leidenschaft wechselnden Liebhabern, von denen wohl George Villiers der berühmteste und sicherlich auch interessanteste ist.
Aus nicht gerade prunkvollen Umständen stieg Villiers zu einem der reichsten und mächtigsten Männer Großbritanniens auf, vom königlichen Liebhaber überhäuft mit Schätzen und Titeln.
Aber der Reihe nach …

Villiers wurde 1592 in Brooksby geboren und zwar als Sohn einer Familie aus niederem Adel. Als der Vater plötzlich verstarb und die Familie vor dem Nichts stand, konnte man nur noch auf George und dessen gutes Aussehen bauen.
Und so brauchte es auch nicht lange, dass Villiers dem König ins Auge stach und bald darauf dessen bisherigen Favoriten, den vielgehassten Robert Carr von dessen Seite verdrängte.
Königin Anne wiederum kam mit Villiers wesentlich besser klar als mit Carr und so duldete sie die Affäre ihres Mannes.
Doch Villiers verstand es nicht nur, sich mit der Königin gut zu stellen – er kaum auch mit den Kindern des Königs gut aus. Besonders mit dem Prinzen Charles verband ihn bald eine tiefe Freundschaft.
Und so kam es, dass Villiers gemeinsam mit dem Prinzen nach Spanien reiste, als es galt, eine Ehe mit der spanischen Kronprinzessin zu verhandeln.
Nun hatte es schon vor der Abreise Spannungen zwischen den Liebenden gegeben, die vollends ausbrachen, als Villiers und Charles unverrichteter Dinge aus Spanien zurückkehrten.
Also – kein Bündnis mit Spanien gegen den mächtigen Gegner Frankreich. Und warum? Weil Villiers mit seiner undiplomatischen Art die Spanier derart brüskiert hatte, dass diese bald dankend ablehnten.
Nach England zurückgekehrt kam es also zum großen Knall. König James auf der einen Seite der Barrikaden – Villiers und Prinz Charles auf der anderen. Es konnte keinen Zweifel geben: Villiers hatte die Gunst seines königlichen Liebhabers verloren.
Doch Villiers wäre nicht Villiers gewesen und James nicht James, wenn sie sich nicht tränenreich versöhnt hätten, nachdem Villiers vor James auf die Knie gefallen war und um Vergebung gebeten hatte.
So stieg Villiers in der Adelshierarchie höher und höher. Der „Hund“ war wieder an der Seite seines Herrn und die beiden schrieben sich glühende Liebesbriefe, wenn sie sich nicht sehen konnten. (Aus meinem Roman „Afra – Die Geliebte des Hexenjägers“ wissen meine LeserInnen natürlich längst, dass „Hund“ der Kosename des Königs für Villiers war und wenn man bedenkt, wie wichtig James seine Hunde waren, kann man ermessen, was dieser Kosename bedeutete.

Natürlich war Villiers auch verheiratet, was für unsere Geschichte nicht ganz unwichtig ist. Und zwar seit 1620 mit Lady Katherine Manners.

Lady Katherine wiederum war nicht irgendwer – sie war die reichste Erbin Englands und eine rundherum begehrenswerte Partie. Zumal sie auch noch sehr gut aussah und gebildet war.
Ihrer Familie gehört bis zum heutigen Tag Belvoir Castle.

Wie wir bereits gehört haben, galt Katherine als reichste Erbin Englands und ihr Vater, der Herzog von Rutland, war nicht zuletzt wegen des zweifelhaften Rufs des Bräutigams gegen die Ehe. Verhindern konnte er sie nicht.
Dies muss ihn umso mehr geschmerzt haben, als er davon ausging, dass Hexen Schuld an der Misere trugen.
Dass Katherine erben würde, stand nämlich lange Zeit gar nicht fest, da sie nämlich zwei Brüder hatte, die im Rang vor ihr kamen: Henry und Francis Manners.

Auftritt: Joan, Margaret und Philippa Flower – Die Hexen von Belvoir!
Die drei Frauen (Mutter Joan und die beiden Töchter) waren bekannt als Kräuterkundige und stammten aus einer Familie, die in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, so dass die Frauen Arbeit in Belvoir Castle annehmen mussten. Sie bekamen die Stelle, weil König James zu Besuch erwartet wurde und mehr Personal gebraucht wurde.
Bald kam es zu Rangeleien in den Reihen des Personals. Den Frauen wurde Diebstahl und Fehlverhalten vorgeworfen. Die Anschuldigungen wurden so vehement, dass der Herzog von Rutland alle drei entlassen musste. Joan bekam allerdings noch eine Abfindung in Form einer wollenen Matratze, 40 Schillingen und einem Kissen.
Kurz nach dieser Entlassung wurden sowohl der Herzog als auch seine Frau und die drei Kinder krank. Sie litten an Krämpfen und Erbrechen.
Alle bis auf Henry überlebten. Der Erbe starb 1613 und wurde am 26. September in der kleinen Kirche von Bottesford beigesetzt.
7. März 1620 starb dann der verbliebene Sohn Francis.
Bald stand für den gebrochenen Vater fest, wer die Schuld am Tod seiner Söhne trug: Hexen!

Dem neutralen Beobachter fällt nun sicherlich direkt auf, dass zwischen den beiden Todesfällen mehrere Jahre liegen. Da fragt man sich natürlich, wie der Herzog nach sieben Jahren plötzlich darauf kommt, dass Hexen für beide so weit auseinanderliegenden Todesfälle verantwortlich sein könnten.
Für mich liegt hierin die Erklärung:
Es gab einen sehr ähnlichen Fall, in dem mehrere Personen angeklagt und hingerichtet worden waren. Die Ähnlichkeit brachte offensichtlich den Herzog dazu, eine Verbindung herzustellen, und so klagte er die Flower- Frauen an, seine Familie verhext und die Söhne und Erben des Titels getötet zu haben. Hatte man sie doch dabei beobachtet, wie sie einen Handschuh von Henry Manners gestohlen hatten und diesen – wie sie auch später gestanden – für magische Rituale verwendet hatten. (Daher das „Fehlverhalten“?)
Die drei Frauen wurden also verhaftet und in das Gefängnis von Lincoln gebracht. Joan bekundete ihre Unschuld, doch stieß auf wenig Glauben, da sie nicht als Kirchgängerin bekannt war, was bei einer solchen Anklage ein ernstes Problem darstellte. Um den Nachweis zu liefern, bat sie auf dem Weg ins Gefängnis um ein Stück Brot als Ersatz für die Eucharistie. Etwas so Heiliges – so ihr Argument – könne nicht von einer Hexe verspeist werden. Tatsächlich verschluckte sie sich so an dem Brot, dass sie erstickte. (Wofür es durchaus natürliche Ursachen gegeben haben mag. Von einem vor Angst trockenen Mund angefangen …)

Kein gutes Omen für den Prozess ihrer Töchter …
Nachdem beide Töchter gestanden hatten, mit dem Teufel einen Pakt eingegangen zu sein, ihrerseits drei weitere Frauen belastet hatten, und auch diese gestanden hatten, wurde Margaret Flower am 11. März 1620 gehängt.
Der Herzog und die Herzogin waren auch weiterhin derart davon überzeugt, dass ihre Söhne Hexen zum Opfer gefallen waren, dass sie dies sogar auf ihrem Grab eingravieren ließen: „In 1608 he married ye lady Cecila Hungerford, daughter to ye Honorable Knight Sir John Tufton, by whom he had two sons, both of which died in their infancy by wicked practises and sorcerye.“
Was aber – so fragt man sich – wurde aus Philippa?
Einige Quellen sagen, dass sie zusammen mit ihrer Schwester gehängt wurde, andere hingegen, dass sie es geschafft habe, ihre Wachen zu betäuben und nach Kent zu fliehen, wo sie bis zum Ende ihrer Tage lebte und drei Kinder bekam. (Ein toller Plot für sich übrigens…)

Im Jahre 2013 veröffentlichte die Historikerin Tracey Borman übrigens ein Buch, das die These vertritt, Villiers habe selbst die Familie vergiften lassen, die Flower- Frauen als Sündenbock benutzt, und alles nur, um die Tochter der Familie heiraten zu können. Es war hierbei Ziel, die beiden Brüder zu töten, damit Katherine das gesamte Vermögen der Familie erben würde, und es ihm so zugute kommen würde.
Sollte das sein Plan gewesen sein – so ist er aufgegangen.

Am 16. Mai 1620 heiratete er Katherine Manners und wurde einer der reichsten Männer des Königreiches.

George Villiers – Der Giftmischer?

Im ersten Moment denkt man natürlich, dass Mrs. Borman da eine ziemlich steile These hingelegt hat … George Villiers, der giftmordend seinen Aufstieg vorbereitet.
Andererseits erinnere ich mich dann auch an die Umstände des Todes von König James, bei denen abermals Villiers eine ziemlich unglückliche Rolle spielt …
Was war geschehen?
Nun, im März 1625 wurde der König von einer Krankheit befallen, die wir heutzutage als Malaria diagnostizieren. Während sie normalerweise nicht tödlich endet, kann sie doch Komplikationen mit sich bringen. Vor allem in diesem Fall, da James etliche Vorerkrankungen mitbrachte.
Der König war auch psychisch niedergeschlagen, vor allem, da ein naher Verwandter kurz zuvor an einem Fieber verstorben war.
Man schaffte es aber, ihn aufzumuntern, indem man ihm einen Wurf Welpen brachte, die auf seinem Bett herumtollen konnten. Kurz – es ging ihm immer besser und bald schien es sich nur noch um eine weitere Episode in James sowieso schon reicher Krankengeschichte zu handeln.
Die Situation änderte sich jedoch schlagartig Mitte März, als seine Ärzte nach dem Essen zu ihrem Patienten zurückkehrten und ihn in einem alarmierenden Zustand fanden.
Der Grund hierfür schienen Wickel zu sein, die Villiers und seine Mutter James ohne Wissen der Ärzte angelegt hatten. Wickel, die Villiers selbst kurz zuvor bei einem Fieberanfall geholfen hatten. Man nahm die Wickel ab und maß dem Vorgang keine weitere Bedeutung bei.
Das Ganze wäre sicherlich in Vergessenheit geraten, wenn Villiers nicht in der Nacht vom 20. auf den 21. März zurückgekehrt wäre. Zu diesem Zeitpunkt ging es dem König bereits wieder so gut, dass man plante, ihn von Theobalds nach Hampton Court zu bringen.
Villiers und seine Mutter legten James abermals die Wickel an, doch diesmal taten sie noch mehr: ein weißes Pulver fand seinen Weg in das Weinglas des Königs. Augenblicklich verschlechterte sich der Zustand des Königs und seine Diener begannen von Vergiftung zu sprechen (ein Verdacht, den auch der sterbende König selbst äußerte …).

Auch wenn ihm noch ein Schlaganfall die Sprache raubte, gab er Zeichen, dass man ihm Bücher bringen solle. Kurz danach, am 27. März 1625, starb James.

Nun kann man natürlich fragen, welchen Grund Villiers gehabt haben sollte, sozusagen das goldene Kalb zu schlachten, das ihn so wunderbar nährte.
Die Antwort mag in seiner Zukunft liegen …
Wir haben ja bereits gesehen, dass sich Villiers eng an Charles, den Prince of Wales, angeschlossen hatte. (Man mag sogar munkeln, dass die beiden mehr als nur eine Vater- Sohn oder Best of Buddies- Beziehung verband.)
Sicherlich war er sich – vor allem nach dem großen Zwist – der Fragilität seiner Position nur allzu bewusst. Er wurde nicht jünger und konnte somit nicht sicher sein, wann sein Nachfolger in der Gunst des Königs aus dem Schatten treten würde.
Es mag so sein, dass er nunmehr auf Charles setzte und James beseitigen wollte, bevor er selbst beiseite geschoben werden konnte.
Würde ein George Villiers so weit gehen? Wir wissen es nicht.
Wir wissen nur von dem weißen Pulver …





BILDER:
1) File:JamesIEngland.jpg; Created: circa 1605 
2) Public DomainFile:Henry Stuart, Lord Darnley.jpgCreated: circa 1564 
3) Public DomainFile:MaryQueenofScotsMourning.jpgCreated: between circa 1559 and circa 1560 date QS:P571,+1550-00-00T00:00:00Z/7,P1319,+1559-00-00T00:00:00Z/9,P1326,+1560-00-00T00:00:00Z/9,P1480,Q5727902; the picture was painted before August 1560 (so before the death of her husband but after the deaths of her father-in-law and mother) as it is mentioned in a letter of that date from the English ambassador Nicholas Throckmorton to Elizabeth I of England (Antonia Fraser, Mary Queen of Scots, 1994 new edition, Weidenfeld & Nicolson, ISBN 0-297-17773-7, p. 77; Roy Strong, Tudor and Jacobean Portraits, 1969, National Portrait Gallery, p. 219)
4) Permission is granted to copy, distribute and/or modify this document under the terms of the GNU Free Documentation License, Version 1.2 or any later version published by the Free Software Foundation; with no Invariant Sections, no Front-Cover Texts, and no Back-Cover Texts. A copy of the license is included in the section entitled GNU Free Documentation License.
5) http://www.sothebys.com/en/auctions/ecatalogue/
6) CC BY-SA 3.0view terms, File:James VI unite 1609 662019.jpg,Uploaded: 2008-05-10 09:46:40 2014/the-courts-of-europe-n09107/lot.112.html, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=31386878
6) Kunsthandel Hoogsteder & Hoogsteder: Info, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1750500
7) From English Wikipedia., Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=351242
8) https://wellcomeimages.org/indexplus/obf_images/59/a6/92d258a32bd08dfb39aa410b1ec8.jpgGallery: https://wellcomeimages.org/indexplus/image/M0014280.htmlWellcome Collection gallery (2018-03-30): https://wellcomecollection.org/works/vz9mfer6 CC-BY-4.0, CC-BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=36364716
9) one or more third parties have made copyright claims against Wikimedia Commons in relation to the work from which this is sourced or a purely mechanical reproduction thereof. (…)https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6370556
10) http://www.allposters.ie/-sp/Portrait-of-Frances-Howard-1590-1632-Countess-of-Somerset-circa-1615-Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3424375
11) Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=24295264
12) http://www.historicalportraits.com/InternalMain.asp, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5157662
13) Uploaded by Alaniaris, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=18154009
14) CC BY-SA 3.0view terms, File:James VI unite 1609 662019.jpg, Uploaded: 2008-05-10 09:46:40