Mit der Kaiserin in die Freiheit

Mit der Kaiserin in die Freiheit

Wir alle kennen die Wanderleidenschaft der Kaiserin von Österreich. Sisi einsam in den Bergen. Sisi, die ihren Hofdamen voranrennt, in einem Tempo, dass der Kaiser (die Hofdamen bemitleidend) eine Kutsche hinterherschickt, die die erschöpften Damen einsammelt.

Bislang gab es allerdings noch kein Buch, dass sich auf diese Leidenschaft konzentriert hätte. Das hat sich jetzt geändert. Grund genug für mich, einen genaueren Blick in den Band zu werfen …

Zunächst muss ich eines feststellen: Ich liebe die Berge sehr, bin aber kein Berg-Fex.
Da die nächsten Berge von uns aus doch recht weit entfernt sind, komme ich auch so gut wie nie in die Verlegenheit zu wandern.
Nichtsdestotrotz habe ich schon ein paar Mal Berge er-spaziert und fand es großartig.

Umso mehr habe ich mich gefreut, dass mir der Frederking und Thaler- Verlag dieses neue Buch zur Verfügung gestellt hat, trifft sich doch da alles, was mich interessiert: Geschichte, Natur und tolle Fotos.

Das Buch orientiert sich dabei an den verschiedenen Lebensabschnitten der Kaiserin. Beginnend in Possenhofen, wo sie in ihrer Kindheit viel Zeit zugebracht hat. (Anders als in den Sisi-Filmen vermittelt, lebte Sisis Familie tatsächlich eigentlich in München)
Das letzte Kapitel ist dann auch der letzten Etappe ihrer Lebens-Reise, nämlich dem Genfer- See und der dortigen Bergwelt gewidmet. Hier begab sie sich mit ihrer Hofdame auch auf ihre letzte Wanderung.

Hier eine der vielen wunderbaren Doppelseiten, wo Zitate mit besonders schönen Bildern verbunden werden.

Wenn man die erste Seite aufgeschlagen hat und zu lesen begonnen, mag man es am liebsten wie Sisi halten und losmarschieren.

Umso besser – auch für all diejenigen, die keine Bergziegen sind – dass es bei den Wandervorschlägen am Ende jedes Kapitels Touren für Geübte wie auch für Laien gibt.
Jedem Kapitel schließen sich zwei Wandervorschläge an. Die kleine Beschreibung der Tour ist wirklich hilfreich, wenn man einschätzen will, ob der Weg etwas für einen ist. Die Angabe von ungefährer Wegzeit und den zu überwindenden Höhenmetern ist ebenfalls für viele von uns notwendig.
Ich persönlich würde es allerdings so halten, dass ich loslaufe und wenn ich merke, dass mich die Strecke überfordert, einfach wieder umkehren.

Übrigens zeigt sich an diesen Details, dass sowohl die Autorin Sandra Freudenberg als auch der Fotograf Andy Dauer eingefleischte Kenner der Materie sind. Freudenberg lebt auf einem Bergbauernhof am Alpenrand und Dauer auf einer Alm im Salzburger Land. (Alleine wenn ich die Ortsbezeichnungen schreibe, rieche ich die duftenden Bergwiesen und höre die Vögel in den Tannen zwitschern)

Was man auch merkt – Dauer hat ein Gespür für die Landschaft, die er fotografiert. Es sind nicht nur Schnappschüsse, es sind kleine Kunstwerke entstanden, die an die Gemälde der alten Meister erinnern.

Diese Fotos illustrieren aber nicht nur Informationen zu Sisi selbst oder ihren Reisen – wir erfahren auch vieles über die Orte, die sie besucht hat und was aus ihnen geworden ist.
So lernen wir, dass König Max II 1865 den Bahnhof Possenhofen errichten ließ und die Kaiserin nun bequem ihr heimatliches Schloss erreichen konnte. Heutzutage befindet sich dort ein Sisi-Museum, dessen Besuch von der Autorin empfohlen wird.
Ich selbst war noch nicht dort, aber wenn ich es das nächste Mal nach Bayern schaffe, werde ich es mir garantiert ansehen.

Kritik: Ich teile die positive Einschätzung Sisis durch die Autorin nicht wirklich. Dennoch bietet mir das Buch mit vielen neuen Details die Möglichkeit, mein Bild der Kaiserin abzurunden. Jener Kaiserin, die ich so gerne mögen würde und die es mir so schwer macht.

Eine dieser kleinen Facetten ist jener Brief, den Sisi an den Kaiser schrieb:

„Da Valerie neben mir spielt, schreibe ich etwas konfus.
Sie kocht und der Kater springt immer in den Teig.“

Lobend möchte ich an der Stelle auch den Literaturanhang erwähnen.
Die Autorin hat die Titel nach inhaltlichen Themen sortiert: „Sisis Leben aus erster Hand“, „Über Sisi“, „Ihr Umfeld“ usw.
Im Normalfall dürften die Bücher auch noch zu bekommen sein, da es sich stets um Auflagen neueren Datums handelt.

FAZIT:

Das Buch ist natürlich kein Wanderführer, den man in den Rucksack packt. Es ist ein Buch für die Couch oder den Sessel. Ein Buch zum immer wieder Reinschauen. (Wie ich sie ja am liebsten empfehle)
Man bekommt Anregungen für eigene Wanderungen und jede Menge interessante Informationen und spannende Einblicke.
Natürlich ist es ein Buch hauptsächlich für Sisi-Interessierte, aber auch für all jene, die einfach nur mehr über die vorgestellten Gegenden erfahren wollen, ist es ein wunderbares Buch.

Hat die Kaiserin die Freiheit gefunden? – Vielleicht immer einen kurzen Augenblick lang.

FAKTEN:

Sandra Freudenberg, Andy Dauer: „Sisi – Es lebe die Freiheit“, Frederking & Thaler, Dezember 2023, 252 Seiten, 34,99€

Mehr Infos findet ihr auch noch auf der Verlagsseite:

https://verlagshaus24.de/sisi-es-lebe-die-freiheit

Neues von Ludwig II

Neues von Ludwig II

Über den Märchenkönig ist alles gesagt.
Sollte man zumindest meinen. Aber der Klartext Verlag hat jetzt doch ein kleines Büchlein herausgebracht, das mich eines Besseren belehrt hat.
Dass ausgerechnet ich als eine der Ersten dieses Buch vorstellen darf, freut mich daher umso mehr!

Ludwig II fasziniert mich beinahe schon länger als seine Cousine Elisabeth, die Kaiserin von Österreich.
Genauer gesagt, seit ich als Mädchen „Ludwig II“ mit O. W. Fischer als Ferienfilm gesehen habe.
Wie schön und tragisch war dieser Ludwig doch und wie herrlich irre, aber gleichzeitig anrührend Klaus Kinski als sein Bruder Otto.
Weitergetragen hat sich dann die Sache, als ich zum ersten Mal Viscontis Ludwig mit Helmut Berger und Romy Schneider gesehen habe.
Reisen zu den Ludwigsschlössern rundeten mein Bild ab.

Seltsamerweise war es schwierig, an brauchbare Bücher über Ludwig zu kommen. In seinen Schlössern gab es nur Verblichenes (damit ist nicht nur der Umschlag gemeint) und in meiner Stammbuchhandlung konnte man mir auch nicht wirklich weiterhelfen.

Mit den Jahren wurde ich dann doch des einen oder anderen Edelsteins habhaft, wodurch ich mehr über die zahlreichen Facetten des Königs erfuhr. Schnell stellte ich fest, dass er mehr war als nur ein irrer, bausüchtiger Wagnerianer.

Die Jahre verstrichen und ich kaufte jedes neue Buch, das über ihn erschien. Meine Lektüre von Biografien anderer Mitglieder seiner Familie wiederum rundeten mein Bild des Königs ab und bald ging ich davon aus, alles Notwendige zu wissen.

Umso mehr überraschte mich nun dieser brandneu erschienene Band aus der Reihe „Populäre Irrtümer“, aus der ich bereits das Büchlein über Kaiserin Elisabeth und über die englischen Royals vorgestellt habe.
Diese fand ich unterhaltsam und auch recht informativ, wobei mich besonders auch die wertige Aufmachung überzeugt hat.

Im vorliegenden Ludwig II- Band nun gibt es wirklich hervorragende Informationen.
Nicht nur, dass das Buch ansprechend aufgemacht ist und das Design der einzelnen Seiten abwechslungsreich und professionell daherkommt (wie bei den bereits vorgestellten Bänden) – ich habe hier zusätzlich ungeheuer viel Neues über Ludwig gelernt.

Das Buch ist nun nicht chronologisch wie eine „richtige“ Biografie aufgebaut, sondern orientiert sich vielmehr an Themen, die das Leben Ludwigs definieren.
Sei es seine Beziehung zu Sisi oder die Frage, wie technikbegeistert Ludwig wirklich war. Hier gibt es mehr richtigzustellen als ich erwartet hätte.
Der Autor Marcus Spangenberg ist Historiker und Ludwig-begeistert, was man auch merkt. Für einen Historiker allerdings eher ungewöhnlich, schafft er es, die Begeisterung und das Interesse auf die Leser zu übertragen.

Ein kleines Beispiel gefällig?
Viele kennen die Wundergrotte von Schloss Lindenhof. Entweder weil sie schon selbst dort waren, oder darüber gelesen haben. Vor Ort wird den staunenden Besuchern gerne von ganzen Opernaufführungen berichtet, mit denen sich der König hier habe erfreuen lassen.
Spangenberg stellt das richtig: Es hat hier nie eine Opernaufführung gegeben. Der König hat sein Zauberreich nie in Aktion erlebt, denn sie blieb eine Baustelle. Praktisch 100% Luftfeuchtigkeit und sein frühes Ableben hätten auch beinahe dem Wunderort insgesamt den Gar ausgemacht. Gott sei Dank nahm man regierungsseits Geld in die Hand und restaurierte die Grotte, die – wie Spangenberg auch bemerkt – von Ludwig nicht für die Ewigkeit geplant war, sondern nur für seine eigene Lebenszeit.
Eine zusätzliche, spannende Info hat Spangenberg auch noch zu bieten: Um die Grotte in Gang zu halten, wurde hier eines der ersten Elektrizitätswerke Bayerns errichtet …

So kenntnisreich und interessant unterhält Spangenberg uns mit dem Wissen über den König. (Und wer von uns hätte zu sagen vermocht, dass es nur ein einziges Standbild des Königs gibt, das zu seinen Lebzeiten geschaffen wurde? Noch dazu von einer Frau – Elisabeth Ney. Es steht heute übrigens in Schloss Linderhof.)

Am Ende des Buches gibt es natürlich auch das aus den anderen Bänden bekannte Quiz, wo man das eigene Wissen auf die Probe stellen kann.

FAZIT:

Dieser Band hat mir von allen bis jetzt am besten gefallen. Es haben sich keine für mich erkennbaren Fehler eingeschlichen und ich habe es sehr genossen, all die neuen Dinge zu erfahren. Die große, aktuelle Ludwig-Biografie steht derzeit noch aus und das Buch von Spangenberg ist da sicherlich kein Ersatz.
Dennoch schafft er es mühelos, für den exzentrischen König zu interessieren.
Alles in allem gilt eine absolute Leseempfehlung. Sowohl für Ludwig- Kenner wie auch für Neulinge.

FAKTEN:

Marcus Spangenberg: Ludwig II – Populäre Irrtümer und andere Wahrheiten, Klartext Verlag 2023, 120 Seiten, 16,95 €

Weitere Infos – auch über die anderen Bände der Reihe:
https://klartext-verlag.de

Eine Familie erfindet Bayern?

Eine Familie erfindet Bayern?

Eine Familie erfindet Bayern?
Spätestens wenn man meine Vorstellung der Memoiren des Herzogs Franz von Bayern gesehen oder gelesen hat, weiß man, dass dem vielleicht doch so sein könnte.
Wenn die Wittelsbacher Bayern vielleicht auch nicht „erfunden“ haben, so haben sie es doch ohne jeden Zweifel maßgeblich mitgeprägt und tun es noch heute mit ihrem Engagement und ihren Inspirationen.

In diesem hervorragend bebilderten Band aus dem Stiebner Verlag haben die Autoren eine Sammlung spannender und erhellender Wittelsbacher- Biografien vorgelegt.

Chronologisch, beginnend mit dem Mittelalter und der Gründung des Hauses, führt es einen bis in die Gegenwart zu den heute führenden Köpfen des Hauses.
Wobei die Geschichte des Hauses als „Königslieferanten“ tatsächlich mit dem Ersten Weltkrieg und Ludwig III endet.

Interessanterweise hat man nicht alle Wittelsbacher-Fürsten gelistet, sondern nur diejenigen, deren Geschichte die spannendste ist, beziehungsweise jene, die einen besonderen Einfluss auf die Geschicke Bayerns hatten.
Deswegen tauchen auch zum Beispiel Liselotte von der Pfalz auf und Kaiserin Elisabeth von Österreich, die ja eine gebürtige Prinzessin in Bayern war.

Jede Biografie ist mit einem kleinen „Überblickskästchen“ versehen, in dem sich die wichtigsten Lebensdaten, der Beisetzungsort, sowie „Erfolge“ und „Niederlagen“ finden.

Überraschenderweise sind die Biografien so klug gewählt, dass sich tatsächlich ein Bild der Geschichte Bayerns ergibt, das ich so nicht erwartet hätte. Zudem sind sie allesamt sehr interessant zu lesen (und kurzweilig sind sie außerdem).

Übrigens sind einseitige Jubelarien auf das Haus Bayern nicht die Sache der Autoren. Stattdessen finden wir die Lebensbilder von Menschen, die nicht immer die richtigen Entscheidungen getroffen haben und sehr oft hinter den Möglichkeiten zurückgeblieben sind.
Dazu kommen noch regelrecht tragische Schicksale, wie das von König Ludwigs II Bruder Otto, der in geistiger Umnachtung dahinvegetierte.

Würde ich das Buch empfehlen? Auf jeden Fall. Nicht nur, dass man ein rundes Bild der bayerischen Geschichte erhält – man kann die einzelnen Biografien auch als hervorragenden Ausgangspunkt für eine weitergehende Beschäftigung mit der Person nehmen.
Dazu kommt, dass der Preis absolut moderat ist für das, was man geboten bekommt.
Von den wirklich gut gewählten Fotos mal ganz abgesehen, die einem absolut Lust machen, den Spuren dieser Wittelsbacher in deren Heimat (und anderswo) zu folgen.

FAKTEN:
Norbert Lewandowski, Gregor M. Schmid: Das Haus Wittelsbach – Die Familie, die Bayern erfand, Stiebner Verlag 2014, 224 Seiten, 19,90 €

Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe …

Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe …

Copyright: C.H. Beck Verlag

Seine Memoiren zu veröffentlichen ist nun wirklich nichts Neues.
Das hat man zu allen Zeiten getan, wenn man selbst (oder die Leute um einen herum) der Meinung war, diese seien der Veröffentlichung wert.

In diesem speziellen Fall nun handelt es sich um jene des Herzogs von Bayern. Jenes Mannes, der heute König von Bayern wäre, wenn es denn noch eine Monarchie gäbe. (Oder auch König von Schottland. Aber das ist für einen anderen Tag …)

Tatsächlich denke ich, sind wir alle froh, dass wir unsere Herrscher inzwischen selbst wählen können und nicht mehr auf Gedeih und Verderb darauf angewiesen sind, dass es das Schicksal und die Erbfolge gut mit uns Völkern meinen.

Betrachtet man aber Herzog Franz, kann man ohne jeden Zweifel sagen, dass an diesem sicherlich ein guter König verloren gegangen ist.
Warum?

Das erschließt sich aus seinen Erinnerungen!
In einem sanften Parlando gehalten, entstand das Buch aus Gesprächen, die der Herzog seit 2021 mit der Historikerin Marita Krauss geführt hat.

Das Buch zeichnet auf über 300 Seiten das Porträt eines Mannes, der in seinem Leben – wie man so schön sagt – viel rumgekommen ist.
Geboren als Nachfahre des letzten bayerischen Königs, wurde seine Familie, die Wittelsbacher, bald von den Nationalsozialisten verfolgt.

Dies ging soweit, dass die Familie in diverse KZs gebracht wurde. Flossenbürg, Sachsenhausen, Dachau waren nur einige Stationen.
Der kleine Franz blickte auf Leichenberge und erkannte für sich selbst „Da kommen wir nicht lebend raus.“
Aber – getreu dem Motto seines Vaters – hieß es: Geheult wird nicht!
Auch nicht, als der Vater in der Gefangenschaft schwer krank wurde, und nur allzu häufig auf Stress und Krankheit mit Aggressivität reagierte.
Dass es immer Menschen gab, die der Familie halfen, prägte sicherlich das Denken und die Haltung des Herzogs.

Ohne Selbstmitleid und mit einem unbändigen Wissensdurst startete der Herzog nach dem Krieg durch. Er verkaufte seine Briefmarkensammlung, um seine erste Reise nach Amerika anzutreten. (Die Familie war nicht mit Reichtümern gesegnet …)
In New York kam er zur zeitgenössischen Kunst, die er zu sammeln begann und deren Fürsprecher er in Deutschland bis heute mit großer Leidenschaft ist.

Diese Leidenschaft prägt ihn bis heute. Schmunzelnd lesen wir von seinen Abenteuern, wie er z.B. versuchte, seiner Bank einen 8000 DM- Kredit für einen Jasper Johns aus den Rippen zu leiern, diese aber den Kredit nicht geben mochte.
Dumm gelaufen – denn heute hängt das Werk im Museum of Modern Art in New York.
Seine Expertise war übrigens derart gefragt, dass er in den Beirat des MoMA gewählt wurde.

Bemerkenswert ist nun nicht nur der Lebensweg des Herzogs an sich und die vielen Anekdoten, mit denen er seine Erinnerungen würzt, bemerkenswert ist auch, mit welcher geistigen Offenheit er bis ins hohe Alter Neuem begegnet.

Ungeheuer amüsant sind sie allemal, seine Geschichten. Sei es die Story der sprudelnden „Teekanne“, die Prince Charles eine warme Dusche verpasste oder Prince Philip, der bei einem Besuch in München die Mikrophone mit seinen ganz eigenen Sprüchen testete.
Auch die Reise auf der „Agamemnon“ nach dem Krieg bleibt nicht unerwähnt, bei der sich so ziemlich alle gekrönten Häupter Europas ein Stelldichein gaben. Nicht zuletzt, um die zahlreichen Prinzen und Prinzessinnen in den Stand der Ehe zu bugsieren.
Warum für Herzog Franz von Bayern da nichts draus wurde – dazu komme ich später.

Die STRUKTUR
Zur Struktur des Buches – Tatsächlich wechselt Herzog Franz nach ungefähr dem ersten Drittel des Buches den Duktus. Jetzt begleiten wir ihn nicht mehr chronologisch durchs Leben, sondern lesen, wie er sich an bestimmte prägende historische Ereignisse erinnert. Ob es die 68er sind (bei denen er sich nur wundert, warum es so lange gedauert hat, bis die jungen Leute sich aufgelehnt haben), die Mondlandung, die Ermordung Kennedys oder 9/11 ist – stets geht sein Blick über das Ereignis hinaus und führt zu einer höheren Ebene.

Im letzten Teil der Memoiren ändert sich abermals die Struktur. Von A wie „Älterwerden“ bis zu Z wie „Zufriedenheit“ lässt er die Leser nun teilhaben an den Erkenntnissen aus seinem langen und ereignisreichen Leben.

Zu dieser Fülle an Sichten und Einsichten kommt noch eine unglaubliche Offenheit über sich selbst, so wenn er sich mit seinen Ängsten auseinandersetzt, was das Altern angeht. Das drohende Schicksal, dement oder anderweitig pflegebedürftig zu werden und anderen zur Last zu fallen. Aber auch hier wird nicht „geheult“, sondern nüchtern festgestellt.

Was ihm – so denke ich – wirklich zu schaffen macht, ist die Tatsache, dass er oftmals auf den Kontakt zur jungen Generation verzichten muss. Wenn er, speziell innerhalb der Familie, einlade, so kämen sie natürlich alle, aber ihn anrufen – das täten sie eben kaum.
Es ist für mich wirklich rührend gewesen, von diesem schlichten Schmerz bei einem so weithin und über die Grenzen Bayerns hinaus geschätzten Mann zu lesen.

Zu den vielfältigen Interessen des Herzogs gehört aber nicht nur seine Leidenschaft für zeitgenössische Kunst, sondern auch sein Engagement für Natur und Umweltschutz, sowie sein soziales Engagement. Hier wären nicht nur der Hilfsverein Nymphenburg zu nennen, sondern auch die „Learning Lions“, für die sich der künftige Chef des Hauses Wittelsbach, Prinz Ludwig von Bayern, engagiert.

Das Fazit seines Lebens ist offensichtlich nicht das Bedauern dessen, was er getan hat, sondern höchstens Bedauern über das, was er NICHT getan hat.
Das schreibt er auch selbst. Dass es ihm heute noch leid tut, wenn er Dinge unterlassen hat. Weil er nicht die Stärke zu dem entsprechenden Schritt hatte, oder ihm die Expertise fehlte, die Wichtigkeit zu erkennen.

Was mir übrigens auch überaus gut gefallen hat, ist die Tatsache, dass das ganze Buch gespickt ist mit Privataufnahmen. Das geht los mit Fotos aus dem Familienalbum seiner Eltern bis hin zu Schnappschüssen der Gegenwart, die ihn auch immer wieder mit seinem Lebenspartner Thomas Greinwald zeigen.
(Dies ist übrigens ein Thema, das der Herzog deutlich, aber doch auch mit Fingerspitzengefühl aufgreift. Er steht offen zu seiner Homosexualität, skandalisiert sie aber nicht.)


Was die Bebilderung angeht, so gebührt den Machern des Buches ein ganz großes Lob, denn es sind gerade diese Fotografien, die das Buch zu einem ganz besonderen Dokument machen.

Alles in allem ist das Buch dazu geeignet, es immer wieder hervorzuholen und die Gedanken des Herzogs zu den unterschiedlichen Themen als Denkanstöße zu nehmen.

FAZIT:
Das Buch ist mehr als nur empfehlenswert. 302 Seiten prallvoll mit Erinnerungen, Anekdoten und Weisheiten. Die Memoiren eines klugen und stets neugierigen Mannes. Eines Mannes, dessen Körper vielleicht inzwischen alt geworden ist, dessen Geist aber noch immer frisch und jung geblieben ist.

Vielleicht hat die Monarchie doch etwas für sich …

FAKTEN:
von Bayern, Franz: Zuschauer in der ersten Reihe, Verlag C. H. Beck, 2023, 303 Seiten, 28,-€

Und wenn ihr hier klickt, kommt ihr zum YouTube-Video




„Ungeschminkt“ – Gloria von Thurn und Taxis

„Ungeschminkt“ – Gloria von Thurn und Taxis

Es ist ja immer toll, wenn man wieder einen neuen Film auf YouTube präsentieren kann. Noch toller ist es allerdings, wenn das in einem vergleichsweise neuen Format geschieht.

In diesem Fall ist es „Petra.Draussen.Mit Buch.“

In diesem Format gehe ich an schöne und auch historische Orte und stelle dort ein Buch vor.

Eigentlich war ursprünglich die Idee, dass das Buch jeweils in einem Zusammenhang mit dem Ort steht.

Leider ist das nicht wirklich machbar, wenn ich nicht nur ein oder zwei Bücher pro Jahr vorstellen mag …

In diesem Fall also sind wir nicht nach Regensburg gefahren (leider), sondern nach … AH! Das wird noch nicht verraten.

Schaut euch den Film an und dann findet ihr des Rätsels Lösung …

Regensburg ist natürlich ein tolles Stichwort, denn Regensburg ist die Heimat der Fürstenfamilie von Thurn und Taxis und in dem Buch geht es um Artikel und Interviews von, mit und über Gloria von Thurn und Taxis.

Die Fürstin ist ja für ihre provokativen Äußerungen bekannt und ein ganz gesehener Gast auf Talkshow-Stühlen.

Aber macht euch doch euer eigenes Bild über die Frau, die seit Jahrzehnten (nicht nur) den Boulevard in Atem hält …

Einfach den Link hier drunter nutzen und ab zum neuen Film …

https://youtu.be/-btF652298s

Drei Rosen. Keine davon ohne Dornen … 😉

Das Haus Wittelsbach – Wuist an Kini hom?

Das Haus Wittelsbach hat sich an diesem Wochenende mal wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht und zwar in der vielleicht schönsten Art und Weise:

Es gab nämlich das, was heutzutage so gerne als „Traumhochzeit“ bezeichnet wird.
In dem Fall heiratete Ludwig Prinz von Bayern Sophie-Alexandra Evekink.

Das Brautpaar

Wäre Bayern heute noch eine Monarchie, befände sich Prinz Ludwig im Wartestand, denn sein Vater Luitpold wäre dort Thronfolger.
Die Braut Sophie-Alexandra Evekink entstammt ihrerseits einer niederländischen Kaufmannsfamilie. Sie selbst ist Wissenschaftlerin und lehrt an der Universität Oxford. Dort arbeitet sie derzeit an ihrer Dissertation zum Thema Gerechtigkeitsbegriff von Opfern sexueller Gewalt in bewaffneten Konflikten.
Also offensichtlich eine moderne, durchaus spannende Frau.

Und was tut ein Prinz wie Ludwig so den ganzen Tag?

Learning Lions
Bei der von Prinz Ludwig mitgegründeten gemeinnützigen Organisation Learning Lions werden Jugendliche in abgelegenen Regionen Afrikas in digitalen Disziplinen ausgebildet. Danach haben sie die Möglichkeit, in einem Co-Working Space und unterstützt durch eine Fair Trade Verkaufs-Agentur ihre digitalen kreativen Fähigkeiten wie Design oder Webprogrammierung einem internationalen Klientel anzubieten und eigenständig ihr eigenes Geld zu verdienen. Das Konzept wurde 2018 aus rund 5000 Charity-Organisationen von Google Global Impact Challenge als einer der 12 Gewinner ausgezeichnet. Prinz Ludwig hat dort in den letzten zehn Jahren selbst einen Großteil seiner Zeit verbracht, um das Projekt gemeinsam mit Gleichgesinnten und den Menschen vor Ort zu erschaffen. (Quelle: www.haus-bayern.com)

Impressionen der Hochzeit

Natürlich werde ich euch jetzt auch noch ein paar Infos zum Brautkleid mit auf den Weg geben:
Der Schleier wurde von der ukrainischen Designerin WONA angefertigt. Wie es heute Usus geworden ist, hat sie auch bei ihrem Schleier diverse Hinweise auf ihre Herkunft einarbeiten lassen. Es sind Symbole für Bayern, die Niederlande und Kanada.
Das Kleid selbst stammt von dem weltweit gerühmten Modehaus Reem Acra. Die libanesisch-amerikanische Designerin hat ein Kleid geschaffen, das in leichter A-linie gearbeitet wurde und mit zahlreichen Blütendetails bestickt. Die enge Corsage und der weite Ausschnitt geben dem Kleid etwas Modern-Frisches.
Something old, something new, something borrowed, something blue … Das hat sich auch Prinzessin Sophie gedacht. Deswegen hat die Cousine des Prinzen ein Taschentuch aus einem Stoff der Großmutter der Braut mit blauen Stickereien angefertigt.


Ein paar Infos zu den Wittelsbachern:

Prinz Ludwig von Bayern ist nun beileibe kein armer Mann, denn er wird aus dem so genannten Wittelsbacher Ausgleichsfonds bezahlt.
Was es mit diesem Ausgleichsfonds auf sich hat?
Nun – da muss ich ein wenig ausholen:
Das Königreich Bayern ist ein recht junges Gebilde: Es wurde erst 1806 gegründet.
Um damals die Finanzen des Staates zu stabilisieren, brachte König Max I seinen eigenen Besitz, Wälder, Hofgüter, Immobilien etc. in den neu gegründeten Staat ein. Als Ausgleich erhielt er dafür von eben jenem Staat eine Apanage für seine Familie. Im Prinzip das, was in England heute der Sovereign Grant (früher: Civil List) ist.

1918 war die royale Party bekanntlich vorbei. Deutschland wurde Republik. Ende und Aus für die Fürstenhäuser. Die Republik stellte die Zahlungen (in diesem Fall) an die Wittelsbacher ein.
Zu Unrecht wie eine juristische Prüfung später ergab.

Um einen Ausgleich hinzukriegen, wurden in den 20er Jahren zwei Stiftungen gegründet: eben jener Ausgleichsfonds, sowie die Wittelsbacher Landesstiftung für Kunst und Wissenschaft.
Seit Gründung dieser Fonds, wird dort das Geld der Wittelsbacher verwaltet und die Familie wird hieraus finanziert. Dadurch hat der Bayerische Staat seit 1923 kein Geld mehr an die Familie bezahlt.

Seit vielen Jahren macht ja immer mal wieder die Forderung nach einer Monarchie in Bayern die Runde. Wie sehen das aber die Wittelsbacher selbst?

Nun – von ihnen gelüstet es keinen nach der Krone. Für den heutigen Chef des Hauses war das Ende der Monarchie endgültig.
Die Historikerin Marita Krauss, die den Herzog Franz von Bayern beim Abfassen seiner Erinnerungen („Zuschauer in der ersten Reihe“) unterstützt hat, betont, dass für die Wittelsbacher der royale Ehrgeiz ausschließlich der Ehrgeiz für Bayern ist.

Das Haus unterstützt nicht nur Kunst und Kultur, sondern hat auch einen klingenden Namen bei der Förderung der Wissenschaften.
Aus diesem Grund trifft man in Bayern bei allen großen Veranstaltungen, wie der z.B. der Eröffnung von neuen Museen, immer auch Mitglieder des Hauses Wittelsbach.

Um zu demonstrieren, dass man keine Herrschergelüste hat, hat der Vater des jetzigen Chefs des Hauses, Albrecht von Bayern, auf den Titel Kronprinz verzichtet, da er der Meinung war, dies rieche allzu sehr nach einem Anspruch auf die Krone.

Wer sich jetzt noch weiter über das Haus Bayern und die Wittelsbacher allgemein informieren möchte, dem sei deren Homepage empfohlen: https://haus-bayern.com