New York – New York

New York – New York

Jene Stadt, deren Hymne einst Frank Sinatra gesungen hat, hat uns ebenfalls in ihren Bann gezogen. Da man dabei kaum ohne einen Reiseführer auskommt, habe ich euch heute zwei ganz besondere mitgebracht.

Credit: amazon
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Wenn man eine Untersuchung anstrengen wollte, ob es mehr Songs oder mehr Reiseführer über New York gibt, schätze ich, würden die Reiseführer gewinnen.
Umso schwieriger ist es, einen herauszufinden, der für einen selbst passt, denn jeder hat andere Schwerpunkte. Wo der eine sich mehr in die Museen vertiefen will, geht es dem nächsten darum, möglichst ausgefallene Restaurants zu finden.

Persönlich ist mein Ausgangsreiseführer immer ein Band von DK (Darling Kindersley). Dann aber brauche ich detailliertere Informationen. Restaurants stehen dabei weniger auf meinem Zettel.

So bin ich auf die Reihe „111 …“ aus dem Emons Verlag gestoßen. (Wenn ihr mal nachschauen wollt – ich habe auch schon die „111 Sisi- Orte“ vorgestellt.)

Die beiden Bücher sind im Prinzip gleich aufgemacht: Das Cover ist Mattdruck mit einzelnen glänzenden Elementen, was dem Buch eine sehr schöne Haptik gibt und auch ins Auge sticht, da man sich offensichtlich bemüht hat, das Cover zum Thema passend zu gestalten.

Das Papier ist dick und ich würde meinen, das Cover übersteht es auch, wenn mal unterwegs etwas Kaffee darauf tropft.
Jeder Ort hat eine Doppelseite, bei der die rechte ein vollformatiges Fotos ist und sich der Text auf der linken Seite findet.

Die Foto-Seite enthält auch die nützlichen Infos wie Adresse, Homepage etc
Die linke Seite gehört der Beschreibung. Sie ist mehr als ein lapidares: das bekommst du zu sehen, das wird angeboten, der hat es gegründet …
Es ist jeweils ein Text, der die Idee hinter dem Ort vorstellt, oder eine interessante Begebenheit. Jeder dieser Texte ist ein kleines Erlebnis für sich, der einem Lust macht, auch Orte anzusteuern, die man vielleicht links liegen gelassen hätte.

Am Ende der beiden Bände gibt es sehr übersichtliche Karten, die nochmals alle genannten Orte zeigen und denen man auch entnehmen kann, ob es mehrere Stellen dicht beieinander gibt, die man dann in einem Rutsch ansteuern kann.

À propos „Homepage“ und „nützliche Tipps“ – da speziell New York eine ungemein schnelllebige Stadt ist und Corona vielen kleinen und mittleren Venues den Gar ausgemacht hat, empfehle ich euch, zu überprüfen, ob ein Ort überhaupt noch existiert.

Uns ging es so mit dem „Little Lebowski Shop“, den wir als eingefleischte Lebowski- Fans natürlich unbedingt besuchen wollten. Er existiert leider nicht mehr.
Zum Glück hatte ich das vorher nochmals gecheckt und dabei herausgefunden, dass wir uns unnötig gefreut hätten.

Dies ist allerdings ein Rat, den man nicht nur in Bezug auf die „111 Orte“ geben muss. Das betrifft alle Reiseführer.

Schlussendlich finde ich das aber nicht mal so schlimm, denn wenn ich diese 111er- Bände (von denen ich mittlerweile so viele besitze, dass sie ihr eigenes Regalbrett bekommen haben) durchblättere, ist für mich die Atmosphäre wichtig. Das Wissen, dass es mal etwas gegeben hat und das wiederum schenkt der von mir inzwischen so geliebten Stadt New York neue Facetten.
Insofern sind diese Bände nicht nur reine Reiseführer, sondern auch Gefühls,- und Atmosphäre-Geber. Hat man einen Band durchgelesen, versteht man die Stadt und ihre Menschen besser.

Wer übrigens jetzt sagt: Toll, liebe Petra – aber leider kann ich kein Englisch, dem sei noch folgender Band aus der gleichen Reihe empfohlen:

Jo-Anne Elikan und Monika Elisa Schurr: 111 Orte in New York, die man gesehen haben muss, Emons Verlag 2023, 240 Seiten, 18 € (auch als Ebook erhältlich)

FAZIT:

Insofern auch die Zeit und Corona über die beiden vorliegenden Bände weggegangen sind, so bleiben sie doch auf ihre ganz eigene Art bestehen. Ob jetzt das eine oder andere Museum oder der eine oder andere Laden noch existieren mag oder nicht.

Nichtsdestotrotz folgende Bitte an den Emons Verlag: Bringt die englischsprachigen Bände unbedingt auch in einer aktualisierten Version auf Deutsch. Die LeserInnen werden es euch danken!

FAKTEN:

Susan Lusk und Mark Gabor. 111 Shops in New York that you must not miss: The sophisticated shopper’s guide, Emons Verlag 2016, 240 Seiten, 16,95€

Wendy Lubovich und Ed Lefkovicz: 111 Museums in New York That You Must Not Miss: Travel Guide, Emons Verlag 2018, 240 Seiten, 16,95 €

Solltet ihr ein bisschen beim Verlag selbst nachschauen wollen (es gibt zahllose 111er-Bände und noch viel mehr bei Emons zu entdecken), dann bitte hier klicken:
https://emons-verlag.de

Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe …

Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe …

Copyright: C.H. Beck Verlag

Seine Memoiren zu veröffentlichen ist nun wirklich nichts Neues.
Das hat man zu allen Zeiten getan, wenn man selbst (oder die Leute um einen herum) der Meinung war, diese seien der Veröffentlichung wert.

In diesem speziellen Fall nun handelt es sich um jene des Herzogs von Bayern. Jenes Mannes, der heute König von Bayern wäre, wenn es denn noch eine Monarchie gäbe. (Oder auch König von Schottland. Aber das ist für einen anderen Tag …)

Tatsächlich denke ich, sind wir alle froh, dass wir unsere Herrscher inzwischen selbst wählen können und nicht mehr auf Gedeih und Verderb darauf angewiesen sind, dass es das Schicksal und die Erbfolge gut mit uns Völkern meinen.

Betrachtet man aber Herzog Franz, kann man ohne jeden Zweifel sagen, dass an diesem sicherlich ein guter König verloren gegangen ist.
Warum?

Das erschließt sich aus seinen Erinnerungen!
In einem sanften Parlando gehalten, entstand das Buch aus Gesprächen, die der Herzog seit 2021 mit der Historikerin Marita Krauss geführt hat.

Das Buch zeichnet auf über 300 Seiten das Porträt eines Mannes, der in seinem Leben – wie man so schön sagt – viel rumgekommen ist.
Geboren als Nachfahre des letzten bayerischen Königs, wurde seine Familie, die Wittelsbacher, bald von den Nationalsozialisten verfolgt.

Dies ging soweit, dass die Familie in diverse KZs gebracht wurde. Flossenbürg, Sachsenhausen, Dachau waren nur einige Stationen.
Der kleine Franz blickte auf Leichenberge und erkannte für sich selbst „Da kommen wir nicht lebend raus.“
Aber – getreu dem Motto seines Vaters – hieß es: Geheult wird nicht!
Auch nicht, als der Vater in der Gefangenschaft schwer krank wurde, und nur allzu häufig auf Stress und Krankheit mit Aggressivität reagierte.
Dass es immer Menschen gab, die der Familie halfen, prägte sicherlich das Denken und die Haltung des Herzogs.

Ohne Selbstmitleid und mit einem unbändigen Wissensdurst startete der Herzog nach dem Krieg durch. Er verkaufte seine Briefmarkensammlung, um seine erste Reise nach Amerika anzutreten. (Die Familie war nicht mit Reichtümern gesegnet …)
In New York kam er zur zeitgenössischen Kunst, die er zu sammeln begann und deren Fürsprecher er in Deutschland bis heute mit großer Leidenschaft ist.

Diese Leidenschaft prägt ihn bis heute. Schmunzelnd lesen wir von seinen Abenteuern, wie er z.B. versuchte, seiner Bank einen 8000 DM- Kredit für einen Jasper Johns aus den Rippen zu leiern, diese aber den Kredit nicht geben mochte.
Dumm gelaufen – denn heute hängt das Werk im Museum of Modern Art in New York.
Seine Expertise war übrigens derart gefragt, dass er in den Beirat des MoMA gewählt wurde.

Bemerkenswert ist nun nicht nur der Lebensweg des Herzogs an sich und die vielen Anekdoten, mit denen er seine Erinnerungen würzt, bemerkenswert ist auch, mit welcher geistigen Offenheit er bis ins hohe Alter Neuem begegnet.

Ungeheuer amüsant sind sie allemal, seine Geschichten. Sei es die Story der sprudelnden „Teekanne“, die Prince Charles eine warme Dusche verpasste oder Prince Philip, der bei einem Besuch in München die Mikrophone mit seinen ganz eigenen Sprüchen testete.
Auch die Reise auf der „Agamemnon“ nach dem Krieg bleibt nicht unerwähnt, bei der sich so ziemlich alle gekrönten Häupter Europas ein Stelldichein gaben. Nicht zuletzt, um die zahlreichen Prinzen und Prinzessinnen in den Stand der Ehe zu bugsieren.
Warum für Herzog Franz von Bayern da nichts draus wurde – dazu komme ich später.

Die STRUKTUR
Zur Struktur des Buches – Tatsächlich wechselt Herzog Franz nach ungefähr dem ersten Drittel des Buches den Duktus. Jetzt begleiten wir ihn nicht mehr chronologisch durchs Leben, sondern lesen, wie er sich an bestimmte prägende historische Ereignisse erinnert. Ob es die 68er sind (bei denen er sich nur wundert, warum es so lange gedauert hat, bis die jungen Leute sich aufgelehnt haben), die Mondlandung, die Ermordung Kennedys oder 9/11 ist – stets geht sein Blick über das Ereignis hinaus und führt zu einer höheren Ebene.

Im letzten Teil der Memoiren ändert sich abermals die Struktur. Von A wie „Älterwerden“ bis zu Z wie „Zufriedenheit“ lässt er die Leser nun teilhaben an den Erkenntnissen aus seinem langen und ereignisreichen Leben.

Zu dieser Fülle an Sichten und Einsichten kommt noch eine unglaubliche Offenheit über sich selbst, so wenn er sich mit seinen Ängsten auseinandersetzt, was das Altern angeht. Das drohende Schicksal, dement oder anderweitig pflegebedürftig zu werden und anderen zur Last zu fallen. Aber auch hier wird nicht „geheult“, sondern nüchtern festgestellt.

Was ihm – so denke ich – wirklich zu schaffen macht, ist die Tatsache, dass er oftmals auf den Kontakt zur jungen Generation verzichten muss. Wenn er, speziell innerhalb der Familie, einlade, so kämen sie natürlich alle, aber ihn anrufen – das täten sie eben kaum.
Es ist für mich wirklich rührend gewesen, von diesem schlichten Schmerz bei einem so weithin und über die Grenzen Bayerns hinaus geschätzten Mann zu lesen.

Zu den vielfältigen Interessen des Herzogs gehört aber nicht nur seine Leidenschaft für zeitgenössische Kunst, sondern auch sein Engagement für Natur und Umweltschutz, sowie sein soziales Engagement. Hier wären nicht nur der Hilfsverein Nymphenburg zu nennen, sondern auch die „Learning Lions“, für die sich der künftige Chef des Hauses Wittelsbach, Prinz Ludwig von Bayern, engagiert.

Das Fazit seines Lebens ist offensichtlich nicht das Bedauern dessen, was er getan hat, sondern höchstens Bedauern über das, was er NICHT getan hat.
Das schreibt er auch selbst. Dass es ihm heute noch leid tut, wenn er Dinge unterlassen hat. Weil er nicht die Stärke zu dem entsprechenden Schritt hatte, oder ihm die Expertise fehlte, die Wichtigkeit zu erkennen.

Was mir übrigens auch überaus gut gefallen hat, ist die Tatsache, dass das ganze Buch gespickt ist mit Privataufnahmen. Das geht los mit Fotos aus dem Familienalbum seiner Eltern bis hin zu Schnappschüssen der Gegenwart, die ihn auch immer wieder mit seinem Lebenspartner Thomas Greinwald zeigen.
(Dies ist übrigens ein Thema, das der Herzog deutlich, aber doch auch mit Fingerspitzengefühl aufgreift. Er steht offen zu seiner Homosexualität, skandalisiert sie aber nicht.)


Was die Bebilderung angeht, so gebührt den Machern des Buches ein ganz großes Lob, denn es sind gerade diese Fotografien, die das Buch zu einem ganz besonderen Dokument machen.

Alles in allem ist das Buch dazu geeignet, es immer wieder hervorzuholen und die Gedanken des Herzogs zu den unterschiedlichen Themen als Denkanstöße zu nehmen.

FAZIT:
Das Buch ist mehr als nur empfehlenswert. 302 Seiten prallvoll mit Erinnerungen, Anekdoten und Weisheiten. Die Memoiren eines klugen und stets neugierigen Mannes. Eines Mannes, dessen Körper vielleicht inzwischen alt geworden ist, dessen Geist aber noch immer frisch und jung geblieben ist.

Vielleicht hat die Monarchie doch etwas für sich …

FAKTEN:
von Bayern, Franz: Zuschauer in der ersten Reihe, Verlag C. H. Beck, 2023, 303 Seiten, 28,-€

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