Neues von Ludwig II

Neues von Ludwig II

Über den Märchenkönig ist alles gesagt.
Sollte man zumindest meinen. Aber der Klartext Verlag hat jetzt doch ein kleines Büchlein herausgebracht, das mich eines Besseren belehrt hat.
Dass ausgerechnet ich als eine der Ersten dieses Buch vorstellen darf, freut mich daher umso mehr!

Ludwig II fasziniert mich beinahe schon länger als seine Cousine Elisabeth, die Kaiserin von Österreich.
Genauer gesagt, seit ich als Mädchen „Ludwig II“ mit O. W. Fischer als Ferienfilm gesehen habe.
Wie schön und tragisch war dieser Ludwig doch und wie herrlich irre, aber gleichzeitig anrührend Klaus Kinski als sein Bruder Otto.
Weitergetragen hat sich dann die Sache, als ich zum ersten Mal Viscontis Ludwig mit Helmut Berger und Romy Schneider gesehen habe.
Reisen zu den Ludwigsschlössern rundeten mein Bild ab.

Seltsamerweise war es schwierig, an brauchbare Bücher über Ludwig zu kommen. In seinen Schlössern gab es nur Verblichenes (damit ist nicht nur der Umschlag gemeint) und in meiner Stammbuchhandlung konnte man mir auch nicht wirklich weiterhelfen.

Mit den Jahren wurde ich dann doch des einen oder anderen Edelsteins habhaft, wodurch ich mehr über die zahlreichen Facetten des Königs erfuhr. Schnell stellte ich fest, dass er mehr war als nur ein irrer, bausüchtiger Wagnerianer.

Die Jahre verstrichen und ich kaufte jedes neue Buch, das über ihn erschien. Meine Lektüre von Biografien anderer Mitglieder seiner Familie wiederum rundeten mein Bild des Königs ab und bald ging ich davon aus, alles Notwendige zu wissen.

Umso mehr überraschte mich nun dieser brandneu erschienene Band aus der Reihe „Populäre Irrtümer“, aus der ich bereits das Büchlein über Kaiserin Elisabeth und über die englischen Royals vorgestellt habe.
Diese fand ich unterhaltsam und auch recht informativ, wobei mich besonders auch die wertige Aufmachung überzeugt hat.

Im vorliegenden Ludwig II- Band nun gibt es wirklich hervorragende Informationen.
Nicht nur, dass das Buch ansprechend aufgemacht ist und das Design der einzelnen Seiten abwechslungsreich und professionell daherkommt (wie bei den bereits vorgestellten Bänden) – ich habe hier zusätzlich ungeheuer viel Neues über Ludwig gelernt.

Das Buch ist nun nicht chronologisch wie eine „richtige“ Biografie aufgebaut, sondern orientiert sich vielmehr an Themen, die das Leben Ludwigs definieren.
Sei es seine Beziehung zu Sisi oder die Frage, wie technikbegeistert Ludwig wirklich war. Hier gibt es mehr richtigzustellen als ich erwartet hätte.
Der Autor Marcus Spangenberg ist Historiker und Ludwig-begeistert, was man auch merkt. Für einen Historiker allerdings eher ungewöhnlich, schafft er es, die Begeisterung und das Interesse auf die Leser zu übertragen.

Ein kleines Beispiel gefällig?
Viele kennen die Wundergrotte von Schloss Lindenhof. Entweder weil sie schon selbst dort waren, oder darüber gelesen haben. Vor Ort wird den staunenden Besuchern gerne von ganzen Opernaufführungen berichtet, mit denen sich der König hier habe erfreuen lassen.
Spangenberg stellt das richtig: Es hat hier nie eine Opernaufführung gegeben. Der König hat sein Zauberreich nie in Aktion erlebt, denn sie blieb eine Baustelle. Praktisch 100% Luftfeuchtigkeit und sein frühes Ableben hätten auch beinahe dem Wunderort insgesamt den Gar ausgemacht. Gott sei Dank nahm man regierungsseits Geld in die Hand und restaurierte die Grotte, die – wie Spangenberg auch bemerkt – von Ludwig nicht für die Ewigkeit geplant war, sondern nur für seine eigene Lebenszeit.
Eine zusätzliche, spannende Info hat Spangenberg auch noch zu bieten: Um die Grotte in Gang zu halten, wurde hier eines der ersten Elektrizitätswerke Bayerns errichtet …

So kenntnisreich und interessant unterhält Spangenberg uns mit dem Wissen über den König. (Und wer von uns hätte zu sagen vermocht, dass es nur ein einziges Standbild des Königs gibt, das zu seinen Lebzeiten geschaffen wurde? Noch dazu von einer Frau – Elisabeth Ney. Es steht heute übrigens in Schloss Linderhof.)

Am Ende des Buches gibt es natürlich auch das aus den anderen Bänden bekannte Quiz, wo man das eigene Wissen auf die Probe stellen kann.

FAZIT:

Dieser Band hat mir von allen bis jetzt am besten gefallen. Es haben sich keine für mich erkennbaren Fehler eingeschlichen und ich habe es sehr genossen, all die neuen Dinge zu erfahren. Die große, aktuelle Ludwig-Biografie steht derzeit noch aus und das Buch von Spangenberg ist da sicherlich kein Ersatz.
Dennoch schafft er es mühelos, für den exzentrischen König zu interessieren.
Alles in allem gilt eine absolute Leseempfehlung. Sowohl für Ludwig- Kenner wie auch für Neulinge.

FAKTEN:

Marcus Spangenberg: Ludwig II – Populäre Irrtümer und andere Wahrheiten, Klartext Verlag 2023, 120 Seiten, 16,95 €

Weitere Infos – auch über die anderen Bände der Reihe:
https://klartext-verlag.de

Eine Familie erfindet Bayern?

Eine Familie erfindet Bayern?

Eine Familie erfindet Bayern?
Spätestens wenn man meine Vorstellung der Memoiren des Herzogs Franz von Bayern gesehen oder gelesen hat, weiß man, dass dem vielleicht doch so sein könnte.
Wenn die Wittelsbacher Bayern vielleicht auch nicht „erfunden“ haben, so haben sie es doch ohne jeden Zweifel maßgeblich mitgeprägt und tun es noch heute mit ihrem Engagement und ihren Inspirationen.

In diesem hervorragend bebilderten Band aus dem Stiebner Verlag haben die Autoren eine Sammlung spannender und erhellender Wittelsbacher- Biografien vorgelegt.

Chronologisch, beginnend mit dem Mittelalter und der Gründung des Hauses, führt es einen bis in die Gegenwart zu den heute führenden Köpfen des Hauses.
Wobei die Geschichte des Hauses als „Königslieferanten“ tatsächlich mit dem Ersten Weltkrieg und Ludwig III endet.

Interessanterweise hat man nicht alle Wittelsbacher-Fürsten gelistet, sondern nur diejenigen, deren Geschichte die spannendste ist, beziehungsweise jene, die einen besonderen Einfluss auf die Geschicke Bayerns hatten.
Deswegen tauchen auch zum Beispiel Liselotte von der Pfalz auf und Kaiserin Elisabeth von Österreich, die ja eine gebürtige Prinzessin in Bayern war.

Jede Biografie ist mit einem kleinen „Überblickskästchen“ versehen, in dem sich die wichtigsten Lebensdaten, der Beisetzungsort, sowie „Erfolge“ und „Niederlagen“ finden.

Überraschenderweise sind die Biografien so klug gewählt, dass sich tatsächlich ein Bild der Geschichte Bayerns ergibt, das ich so nicht erwartet hätte. Zudem sind sie allesamt sehr interessant zu lesen (und kurzweilig sind sie außerdem).

Übrigens sind einseitige Jubelarien auf das Haus Bayern nicht die Sache der Autoren. Stattdessen finden wir die Lebensbilder von Menschen, die nicht immer die richtigen Entscheidungen getroffen haben und sehr oft hinter den Möglichkeiten zurückgeblieben sind.
Dazu kommen noch regelrecht tragische Schicksale, wie das von König Ludwigs II Bruder Otto, der in geistiger Umnachtung dahinvegetierte.

Würde ich das Buch empfehlen? Auf jeden Fall. Nicht nur, dass man ein rundes Bild der bayerischen Geschichte erhält – man kann die einzelnen Biografien auch als hervorragenden Ausgangspunkt für eine weitergehende Beschäftigung mit der Person nehmen.
Dazu kommt, dass der Preis absolut moderat ist für das, was man geboten bekommt.
Von den wirklich gut gewählten Fotos mal ganz abgesehen, die einem absolut Lust machen, den Spuren dieser Wittelsbacher in deren Heimat (und anderswo) zu folgen.

FAKTEN:
Norbert Lewandowski, Gregor M. Schmid: Das Haus Wittelsbach – Die Familie, die Bayern erfand, Stiebner Verlag 2014, 224 Seiten, 19,90 €