Sophie Charlotte – ein bayerisches Frauenschicksal

Sophie Charlotte – ein bayerisches Frauenschicksal

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Am Ende wird alles gut.
Was Sisis Schwester Sophie Charlotte angeht, so kann man ohne Zweifel sagen, dass dieser Spruch nicht zutrifft.
Wenn es ein dramatisches Frauenschicksal im 19. Jahrhundert gibt, dann dieses.

Dem Autor Christian Sepp und einem für die Sophie Charlotte- Forschung wohl einzigartigen Fund ist es zu danken, dass endlich wesentliche, noch vorhandene Lücken in der Biografie von Sisis Schwester geschlossen werden konnten.
Von daher sei auch jedem die hier vorgestellte überarbeitete Neuauflage 2023 empfohlen.

Um eines gleich zu sagen: Sophie Charlotte war unwichtig. Sie hatte keinerlei politischen Einfluss. Ihre Ehe führte sie an die Seite eines exilierten Franzosen, dessen Familie insgesamt keinerlei Aussichten mehr auf den französischen Thron hatte.
Als Verlobte des bayerischen Königs Ludwig II betrat sie für ein paar Monate die Bühne der Geschichte und ging sogleich wieder ab, weil Ludwig sich nicht zu einer Eheschließung durchringen konnte.

Sophie stammte auch nicht aus einem „Broken Home“. Wenn der Vater auch durch Abenteuerlust und Abwesenheit glänzte, so erlebten die Kinder des Herzogs in Bayern und seiner Frau Ludovika doch eine idyllische, glückliche Kindheit.

Der Autor nimmt uns mit durch diese Kindheit und man kann sich bald bildhaft vorstellen, wie es in dieser großen Familie zugegangen ist.

„Du kannst Dir denken, lieber Papa, dass hie und da Unsinn getrieben wird. Gackel spielt, um die Gesellschaft zu unterhalten, endlose Scalen, worauf wir wie die Hühner schrien, Sophie eine Arie dazwischensang und der berühmte Pruß (= Hund der Familie) endlich anfing zu bellen – eine herrliche Katzenmusik.“ (Sophie Prinzessin von Sachsen, Ehefrau von Sophies Bruder Carl Theodor in einem Brief nach Hause)

Doch aus diesem Idyll wird Sophie bald vertrieben.
Sepp nimmt uns nun mit durch ihr wechselvolles Schicksal: von der gescheiterten Verlobung mit dem bayerischen König zu ihrer unglücklichen Liebesbeziehung zu Edgar Hanfstaengel, einem vermögenden Unternehmersohn.
Die Liebesgeschichte endet unglücklich, die beiden trennen sich.

Nun erleben wir, wie Sophie den gutaussehenden Herzog Ferdinand von Alençon kennen, -und lieben lernt. Die beiden heiraten, auch wenn er vielleicht nicht ganz erste Wahl sein dürfte, aber als abgelehnte Braut hat man nicht mehr so viel Auswahl.

Sophie bekommt zwei Kinder und die Familie, könnte – nicht zuletzt dank der finanziellen Unterstützung des Vaters von Ferdinand – ein gediegenes Leben führen.
Da aber tritt ein gewisser Dr. Glaser in Sophies Leben und jetzt wird es schwierig.

Bis zu den Nachforschungen Christian Sepps blieb Dr. Glaser eine sehr verschwommene Figur. Man wusste fast nichts über ihn. Inzwischen konnte Sepp aber wichtige Informationen zusammentragen.
Ich will hier nicht auf die Details eingehen, nur so viel: Glaser war zur Zeit der Affäre mit Sophie ein verheirateter Mann mit Kindern.

Im Gegensatz zum Autor ist nun mein Urteil der Affäre, die Sophie in eine Nervenheilanstalt brachte, nicht ganz so klar, wie Sepp es einschätzt.

Der Herzog von Alençon sorgt mit der Unterstützung von Sophies Familie für eine Einweisung in die Anstalt Maria Grün des Psychiaters von Krafft Ebing.

Was nun aber erscheint wie die brutale Disziplinierung einer aus Liebe aus dem Ruder laufenden Ehefrau, sehe ich doch etwas anders, denn bei den Quellen, die Sepp anführt, taucht immer wieder die tiefe Besorgnis des Ehemannes auf.
Die Briefe, die Sophie an Dr. Glaser schreibt und die abgefangen werden (jeweils 40 Seiten und mehr), scheinen von Fixierungen nur so zu strotzen. Dritte, die über Sophie schreiben, berichten von heftigsten Stimmungsschwankungen, unkontrollierbarer Aggression etc.
Mir will es so erscheinen, als habe sich mit Dr. Glaser (der Sophie in einem Brief als von Anfang an verrückt beschreibt) einfach ein Mensch gefunden, an den sich Sophie voll und ganz gehängt hat. Tatsächlich wird sich das Rätsel wohl nie lösen lassen, zumal ich keine Psychiaterin bin und die Quellen von daher nicht einschätzen kann.

Alençons Briefe und Handlungen werden von Sepp als die Aktionen eines Beinahe- Kontrollfreaks geschildert. So, wenn er kontrolliert wann die Kinder der Mutter schreiben dürfen und sie sehen.
Dies ist in meinen Augen allerdings in der damaligen Zeit gang und gäbe gewesen. Ich sehe ihn eher als einen Mann, der sich um seine Familie sorgt und mit jedem Punkt, den Sepp schildert, verfestigt sich eher mein Bild eines liebenden, hingebungsvollen Ehemannes, der von der Erkrankung der Frau überwältigt wird.

Nach all den psychischen Erkrankungen der Wittelsbacher, von denen wir wissen (oder doch zumindest der psychischen Auffälligkeiten) – kann es da nicht sein, dass das auch auf Sophie zutrifft?

Nachdem es ein nochmaliges Aufwallen ihrer Leidenschaft zu Dr. Glaser gegeben hatte, wobei dieser schon wieder neu vermählt war, beruhigte sich die Situation.
Die Ehe Sophies kehrte zurück in ruhige Fahrwasser und das Paar Alençon fand wieder zueinander.
Aber das Glück war von kurzer Dauer.
Am 4. Mai 1897 starb Sophie Charlotte beim Brand des Wohltätigkeitsbasars in Paris, wo sie am Stand der Dominikaner verkauft hatte.

Ein paar Gedanken zum Buch und zur Person Sophie Charlotte.
Zunächst: das Einzige, das ich zu bemängeln habe, ist, dass die englischen Zitate (im Gegensatz zu den französischen) nicht übersetzt werden. Auch nicht in einer Fußnote.
Das sollte man schon machen, denn nicht jeder Leser ist des Englischen so mächtig.
Seltsamerweise ist mir das aber schon bei mehreren Büchern begegnet und ich konnte noch keine Erklärung finden.

Was mir sehr gut gefallen hat, ist die Tatsache, dass es einen Anhang mit den wichtigsten Stammbäumen gibt, denn da bestimmte Namen im 19. Jahrhundert en masse vorkommen, braucht man diesen Überblick unbedingt.
Wer nun Stammbäume nicht ausreichend findet, für den hat der Autor einen Anhang mit den wichtigsten Kurzbiografien dazugegeben. das finde ich ganz großartig und vorbildlich!
Im Übrigen gibt es auch noch eine Zeittafel, die eine Einordnung bestimmter Ereignisse erleichtert.

Was nun die Person Sophie Charlottes angeht, so kann ich nur sagen, dass sie einem im Laufe des Buches ans Herz wächst. Wie so viele Personen aus ihrem Umfeld. Sepp schafft es, mittels der zitierten Quellen ein authentisches Bild der Aristokratie des 19. Jahrhunderts zu schaffen.
So sieht man Kaiser Franz Josef förmlich mit seiner Zeitung in Händen über die Schwägerin sinnieren. (Sisi gibt übrigens kein gutes Bild in der Affäre ab. Zunächst äußert sie sich extrem bösartig über ihre Schwester und dann versucht sie auch noch, deren Tochter über intime Details der Affäre auszuhorchen …)

Wenn man auch den Hang hat, dem 19. Jahrhundert vorzuwerfen, Menschen, die sich nicht regelkonform verhalten, in Zellen zu stecken, so zeigt doch in meinen Augen gerade Sophies Fall, dass das oft ein Vorurteil ist.
Man hat sich bemüht, Sophie zu helfen – und das mit Mitteln, die damals absolut fortschrittlich waren. Und manchmal ist ein Mensch, dem man nachsagt, krank zu sein, einfach wirklich krank.
Dass Sophies Geschichte so übel endet, nimmt den Leser umso mehr mit, als man sie liebgewinnen hat und ihr einen ruhigen Lebensabend umgeben von Mann und Enkelkindern gewünscht hätte.

Und so etwas schafft nur ein wirklich guter Autor bei einem Sachbuch.

FAZIT
Ich kann das Buch nur wärmstens empfehlen. Es bringt einem die eher unbekannte Wittelsbacherin so nahe, dass man irgendwann denkt: „Die hätte ich gerne als Freundin.“

FAKTEN:
Christian Sepp: Sophie Charlotte – Sisis leidenschaftliche Schwester, Allitera Verlag 2023, 273 Seiten, 22 €


Das Haus Wittelsbach – Wuist an Kini hom?

Das Haus Wittelsbach hat sich an diesem Wochenende mal wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht und zwar in der vielleicht schönsten Art und Weise:

Es gab nämlich das, was heutzutage so gerne als „Traumhochzeit“ bezeichnet wird.
In dem Fall heiratete Ludwig Prinz von Bayern Sophie-Alexandra Evekink.

Das Brautpaar

Wäre Bayern heute noch eine Monarchie, befände sich Prinz Ludwig im Wartestand, denn sein Vater Luitpold wäre dort Thronfolger.
Die Braut Sophie-Alexandra Evekink entstammt ihrerseits einer niederländischen Kaufmannsfamilie. Sie selbst ist Wissenschaftlerin und lehrt an der Universität Oxford. Dort arbeitet sie derzeit an ihrer Dissertation zum Thema Gerechtigkeitsbegriff von Opfern sexueller Gewalt in bewaffneten Konflikten.
Also offensichtlich eine moderne, durchaus spannende Frau.

Und was tut ein Prinz wie Ludwig so den ganzen Tag?

Learning Lions
Bei der von Prinz Ludwig mitgegründeten gemeinnützigen Organisation Learning Lions werden Jugendliche in abgelegenen Regionen Afrikas in digitalen Disziplinen ausgebildet. Danach haben sie die Möglichkeit, in einem Co-Working Space und unterstützt durch eine Fair Trade Verkaufs-Agentur ihre digitalen kreativen Fähigkeiten wie Design oder Webprogrammierung einem internationalen Klientel anzubieten und eigenständig ihr eigenes Geld zu verdienen. Das Konzept wurde 2018 aus rund 5000 Charity-Organisationen von Google Global Impact Challenge als einer der 12 Gewinner ausgezeichnet. Prinz Ludwig hat dort in den letzten zehn Jahren selbst einen Großteil seiner Zeit verbracht, um das Projekt gemeinsam mit Gleichgesinnten und den Menschen vor Ort zu erschaffen. (Quelle: www.haus-bayern.com)

Impressionen der Hochzeit

Natürlich werde ich euch jetzt auch noch ein paar Infos zum Brautkleid mit auf den Weg geben:
Der Schleier wurde von der ukrainischen Designerin WONA angefertigt. Wie es heute Usus geworden ist, hat sie auch bei ihrem Schleier diverse Hinweise auf ihre Herkunft einarbeiten lassen. Es sind Symbole für Bayern, die Niederlande und Kanada.
Das Kleid selbst stammt von dem weltweit gerühmten Modehaus Reem Acra. Die libanesisch-amerikanische Designerin hat ein Kleid geschaffen, das in leichter A-linie gearbeitet wurde und mit zahlreichen Blütendetails bestickt. Die enge Corsage und der weite Ausschnitt geben dem Kleid etwas Modern-Frisches.
Something old, something new, something borrowed, something blue … Das hat sich auch Prinzessin Sophie gedacht. Deswegen hat die Cousine des Prinzen ein Taschentuch aus einem Stoff der Großmutter der Braut mit blauen Stickereien angefertigt.


Ein paar Infos zu den Wittelsbachern:

Prinz Ludwig von Bayern ist nun beileibe kein armer Mann, denn er wird aus dem so genannten Wittelsbacher Ausgleichsfonds bezahlt.
Was es mit diesem Ausgleichsfonds auf sich hat?
Nun – da muss ich ein wenig ausholen:
Das Königreich Bayern ist ein recht junges Gebilde: Es wurde erst 1806 gegründet.
Um damals die Finanzen des Staates zu stabilisieren, brachte König Max I seinen eigenen Besitz, Wälder, Hofgüter, Immobilien etc. in den neu gegründeten Staat ein. Als Ausgleich erhielt er dafür von eben jenem Staat eine Apanage für seine Familie. Im Prinzip das, was in England heute der Sovereign Grant (früher: Civil List) ist.

1918 war die royale Party bekanntlich vorbei. Deutschland wurde Republik. Ende und Aus für die Fürstenhäuser. Die Republik stellte die Zahlungen (in diesem Fall) an die Wittelsbacher ein.
Zu Unrecht wie eine juristische Prüfung später ergab.

Um einen Ausgleich hinzukriegen, wurden in den 20er Jahren zwei Stiftungen gegründet: eben jener Ausgleichsfonds, sowie die Wittelsbacher Landesstiftung für Kunst und Wissenschaft.
Seit Gründung dieser Fonds, wird dort das Geld der Wittelsbacher verwaltet und die Familie wird hieraus finanziert. Dadurch hat der Bayerische Staat seit 1923 kein Geld mehr an die Familie bezahlt.

Seit vielen Jahren macht ja immer mal wieder die Forderung nach einer Monarchie in Bayern die Runde. Wie sehen das aber die Wittelsbacher selbst?

Nun – von ihnen gelüstet es keinen nach der Krone. Für den heutigen Chef des Hauses war das Ende der Monarchie endgültig.
Die Historikerin Marita Krauss, die den Herzog Franz von Bayern beim Abfassen seiner Erinnerungen („Zuschauer in der ersten Reihe“) unterstützt hat, betont, dass für die Wittelsbacher der royale Ehrgeiz ausschließlich der Ehrgeiz für Bayern ist.

Das Haus unterstützt nicht nur Kunst und Kultur, sondern hat auch einen klingenden Namen bei der Förderung der Wissenschaften.
Aus diesem Grund trifft man in Bayern bei allen großen Veranstaltungen, wie der z.B. der Eröffnung von neuen Museen, immer auch Mitglieder des Hauses Wittelsbach.

Um zu demonstrieren, dass man keine Herrschergelüste hat, hat der Vater des jetzigen Chefs des Hauses, Albrecht von Bayern, auf den Titel Kronprinz verzichtet, da er der Meinung war, dies rieche allzu sehr nach einem Anspruch auf die Krone.

Wer sich jetzt noch weiter über das Haus Bayern und die Wittelsbacher allgemein informieren möchte, dem sei deren Homepage empfohlen: https://haus-bayern.com