Die Weihnachtsansprache von König Charles III

Die im Buckingham Palace aufgezeichnete Weihnachtsansprache von König Charles III wurde mit viel Interesse erwartet. Ob die Erwartungen erfüllt wurden, lest ihr hier …
Es gab tatsächlich einige Veränderungen, wenn man an die Ansprachen der Queen zurückdenkt…

Wo die Queen immer an ihren Schreibtisch saß, zog der König es vor, im Raum stehend, das Victoria-Monument im Hintergrund, seine Rede zu halten.
Der Christbaum an seiner Seite ist übrigens zum ersten Mal eine Tanne, die wieder eingepflanzt werden wird. (Wer jetzt kritisch schaut – bei unsereinem verrecken diese Tannen im Topf grundsätzlich, wenn wir sie auspflanzen wollen. Aber beim Herrn von Highgrove sind andere Gärtner am Werk. Sie wissen, was man tun muss, damit so ein Baum überlebt …)

Wenn wir nun an die Reden der Queen zurückdenken, waren die Fotos auf dem Schreibtisch immer ein interessanter Einblick in das, was in jenem zurückliegenden Jahr besonders wichtig war.
Seien es Hochzeiten, Geburten oder Todesfälle.
Aber es war auch immer ein Hinweis darauf, wer in der Familie einen festen Stand hatte und wer diesen verloren hatte.

So sah man im einen Jahr noch Harry und Meghan auf dem Schreibtisch prunken – im nächsten Jahr waren sie dann w – wie weg.

Der König hat in diesem Jahr auf diese weniger subtilen Botschaften verzichtet. Stattdessen lag das Hauptaugenmerk auf der Rede.

Er erinnerte hierbei an die diversen Aktivitäten seiner Familie auf dem sozialen Sektor, aber auch an seine Auslandsreisen. Wie ihr gleich lesen werdet, hat er dabei die Verbindung zu all jenen Bürgerinnen und Bürgern hergestellt, die sich ebenfalls so engagieren und damit das Land tragen.

Überraschenderweise fand die Krönung lediglich eine kurze Erwähnung in seiner Ansprache und in dem filmischen Einspieler.

Mit Sicherheit ein Zeichen dafür, dass der König andere Themen speziell im Kontext des Weihnachtsfestes für wichtiger erachtet.

Hier könnt ihr die Rede nochmals im Original nachlesen…

„Many of the festivals of the great religions of the world are celebrated with a special meal. A chance for family and friends to come together across generations; the act of sharing food adding to conviviality and togetherness. For some, faith will be uppermost in their hearts. For others, it will be the joy of fellowship and the giving of presents.

It is also a time when we remember those who are no longer with us and think also of those whose work of caring for others continues, even on this special day. This care and compassion we show to others is one of the themes of the Christmas story, especially when Mary and Joseph were offered shelter in their hour of need by strangers, as they waited for Jesus to be born. 

Over this past year my heart has been warmed by countless examples of the imaginative ways in which people are caring for one another—going the extra mile to help those around them simply because they know it is the right thing to do: at work and at home; within and across communities.

My wife and I were delighted when hundreds of representatives of that selfless army of people—volunteers who serve their communities in so many ways and with such distinction—were able to join us in Westminster Abbey for the Coronation earlier this year. They are an essential backbone of our society. Their presence meant so much to us both and emphasized the meaning of Coronation itself: above all, a call to us all to serve one another; to love and care for all.

Service also lies at the heart of the Christmas story—the birth of Jesus who came to serve the whole world, showing us by his own example how to love our neighbor as ourselves. Throughout the year, my family have witnessed how people of all ages are making a difference to their communities. This is all the more important at a time of real hardship for many, when we need to build on existing ways to support others less fortunate than ourselves.

Because out of God’s providence we are blessed with much, and it is incumbent on us to use this wisely. However, service to others is but one way of honoring the whole of creation which, after all, is a manifestation of the divine. This is a belief shared by all religions. To care for this creation is a responsibility owned by people of all faiths and of none. We care for the Earth for the sake of our children’s children.

During my lifetime I have been so pleased to see a growing awareness of how we must protect the Earth and our natural world as the one home which we all share. I find great inspiration now from the way so many people recognize this—as does the Christmas Story, which tells us that angels brought the message of hope first to shepherds. These were people who lived simply amongst others of God’s creatures. Those close to nature were privileged that night…

And at a time of increasingly tragic conflict around the world, I pray that we can also do all in our power to protect each other. The words of Jesus seem more than ever relevant: ‘do to others as you would have them do to you.’ Such values are universal, drawing together our Abrahamic family of religions, and other belief systems, across the Commonwealth and wider world. They remind us to imagine ourselves in the shoes of our neighbors, and to seek their good as we would our own.

So on this Christmas Day my heart and my thanks go to all who are serving one another; all who are caring for our common home; and all who see and seek the good of others, not least the friend we do not yet know. In this way, we bring out the best in ourselves. I wish you a Christmas of ‘peace on Earth and goodwill to all’, today and always.“

Die Übersetzung:

„Viele der Feste der großen Weltreligionen werden mit einem besonderen Essen gefeiert. Eine Gelegenheit für Familie und Freunde, über Generationen hinweg zusammenzukommen; der Akt des gemeinsamen Essens trägt zur Geselligkeit und zum Zusammengehörigkeitsgefühl bei. Für einige wird der Glaube im Vordergrund stehen. Für andere ist es die Freude an der Gemeinschaft und das Überreichen von Geschenken.

Es ist auch eine Zeit, in der wir derer gedenken, die nicht mehr unter uns weilen, und wir denken auch an diejenigen, die sich auch an diesem besonderen Tag um andere kümmern. Diese Fürsorge und das Mitgefühl, das wir anderen entgegenbringen, ist eines der Themen der Weihnachtsgeschichte, insbesondere als Maria und Josef in ihrer Stunde der Not von Fremden aufgenommen wurden, als sie auf die Geburt Jesu warteten.

Im Laufe des vergangenen Jahres wurde mein Herz durch unzählige Beispiele dafür erwärmt, wie einfallsreich Menschen füreinander sorgen – sie gehen die Extrameile, um ihren Mitmenschen zu helfen, einfach weil sie wissen, dass es das Richtige ist: am Arbeitsplatz und zu Hause, innerhalb und außerhalb von Gemeinschaften.

Meine Frau und ich waren hocherfreut, als Hunderte von Vertretern dieser selbstlosen Armee von Menschen – Freiwillige, die ihren Gemeinschaften auf so vielfältige Weise und mit so viel Anerkennung dienen – zu Beginn dieses Jahres in der Westminster Abbey an der Krönung teilnehmen konnten. Sie sind ein wesentliches Rückgrat unserer Gesellschaft. Ihre Anwesenheit bedeutete uns beiden sehr viel und unterstrich die Bedeutung der Krönung selbst: vor allem ein Aufruf an uns alle, einander zu dienen, zu lieben und für alle zu sorgen.

Das Dienen steht auch im Mittelpunkt der Weihnachtsgeschichte – die Geburt Jesu, der kam, um der ganzen Welt zu dienen, und uns durch sein eigenes Beispiel zeigte, wie wir unseren Nächsten wie uns selbst lieben können. Das ganze Jahr über hat meine Familie miterlebt, wie Menschen aller Altersgruppen in ihren Gemeinden etwas bewirken. Dies ist umso wichtiger in einer Zeit, in der viele Menschen in echte Not geraten sind und in der wir auf bestehenden Möglichkeiten aufbauen müssen, um andere, die weniger Glück haben als wir, zu unterstützen.

Denn durch Gottes Vorsehung sind wir mit vielem gesegnet, und es obliegt uns, dies weise zu nutzen. Der Dienst am Nächsten ist jedoch nur eine Möglichkeit, die gesamte Schöpfung zu ehren, die schließlich eine Manifestation des Göttlichen ist. Dieser Glaube wird von allen Religionen geteilt. Für diese Schöpfung zu sorgen, ist eine Verantwortung, die den Menschen aller Religionen und keiner Religion zukommt. Wir kümmern uns um die Erde um der Kinder unserer Kinder willen.

Im Laufe meines Lebens habe ich mit großer Freude festgestellt, dass das Bewusstsein dafür wächst, dass wir die Erde und unsere natürliche Welt als unser gemeinsames Zuhause schützen müssen. Die Art und Weise, wie so viele Menschen dies erkennen, inspiriert mich sehr – wie auch die Weihnachtsgeschichte, die uns erzählt, dass die Engel die Botschaft der Hoffnung zuerst den Hirten brachten. Es waren Menschen, die einfach unter anderen Geschöpfen Gottes lebten. Die Naturverbundenen waren in dieser Nacht privilegiert…

Und in einer Zeit, in der die Konflikte in der Welt immer tragischer werden, bete ich, dass auch wir alles in unserer Macht Stehende tun können, um uns gegenseitig zu schützen. Die Worte Jesu scheinen aktueller denn je zu sein: „Was ihr wollt, dass euch die anderen tun sollen, das tut ihnen auch“. Solche Werte sind universell und verbinden unsere abrahamitische Religionsfamilie und andere Glaubenssysteme im Commonwealth und in der ganzen Welt. Sie erinnern uns daran, uns in die Lage unserer Nachbarn zu versetzen und ihr Wohlergehen genauso zu suchen wie das unsere.

An diesem Weihnachtstag geht mein Herz und mein Dank an alle, die einander dienen; an alle, die sich um unser gemeinsames Haus kümmern; und an alle, die das Gute im anderen sehen und suchen, nicht zuletzt den Freund, den wir noch nicht kennen. Auf diese Weise bringen wir das Beste in uns zum Vorschein. Ich wünsche Ihnen ein Weihnachtsfest des „Friedens auf Erden und des Wohlwollens gegenüber allen“, heute und immer.“

FAZIT

Die Rede bot wenig Überraschendes. Es war klar, dass er – besonders in den für Großbritannien wirtschaftlich so schwierigen Zeiten – den Fokus auf das gegenseitige Helfen legen würde.
Dass auch der Natur,- und Umweltschutz Erwähnung finden, konnte einem ebenfalls klar sein.

Aber ich sehe in der Ansprache noch ein bisschen mehr, nämlich den Hinweis des Königs auf seine Familie als Vorreiter des Community-Building. Durch die Demonstration ihrer vielfältigen Aktivitäten, betonte er außerdem die Unverzichtbarkeit der Royal Family auch für die kommenden Generationen, wenn es um das Beispielgeben geht.

Des Weiteren wurde mit der Rede auch das Bild abgerundet, für das die Familie auch künftig stehen soll: nämlich traditionelle Werte. Die Familie als Trägerin der Gesellschaft, als Kern des Miteinanders.
Deswegen war auch die Erwähnung des von Prinzessin Catherine entwickelten musikalischen Weihnachtsgottesdienstes so wichtig. Mit diesem Event und ihrer ShapingUs- Kampagne, erfüllt sie dieses Aufgabenspektrum mit Leben.

Und um noch eine Frage zu beantworten, den musikalischen Gottesdienst in der Westminster Abbey betreffend.
Das Königspaar hat aus mehreren Gründen nicht daran teilgenommen: zum einen hatten sie Termine in Sandringham, die sie einhalten mussten. Zum anderen wollte der König der Prinzessin wohl nicht die Show stehlen.

Im Gründungsjahr des Gottesdienstes (2021) hatten Charles und Camilla ebenfalls nicht teilgenommen, waren dann aber im vergangenen Jahr dabei.
Vor diesem Hintergrund würde ich sagen, dass es keine Herabsetzung des Events oder gar der Person der Prinzessin bedeutet, wenn das Königspaar nicht teilgenommen hat. Vielleicht sind sie im nächsten Jahr wieder dabei.