Von einem Buch wie diesem habe ich lange geträumt und umso glücklicher bin ich, dass ich es als eine der Ersten im deutschsprachigen Raum vorstellen darf.
Wenn man – wie ich – seit Jahrzehnten ein großer Fan von Jacqueline Kennedy ist, wartet man sehnsüchtig auf jeden neuen Titel, der zur ehemaligen First Lady (Sie mochte den Begriff nicht. Sie fand, so nenne man nur ein Pferd) veröffentlicht wird.
Jetzt ist es endlich wieder soweit: Clint Hill, der ehemalige Secret Service- Agent, der Jackie Kennedy über Jahre begleitet hat, hat ein neues Buch über seine Zeit mit Jackie veröffentlicht.
Nach eigener Aussage, wird es wohl sein letztes sein.
Hill war als Bodyguard Jacqueline Kennedy und ihren Kindern zugeteilt. In dieser Funktion begleitete er sie aber nicht nur auf offiziellen Reisen, sondern auch, wenn die Familie privat unterwegs war. Da die First Lady und ihn eine ganz besondere Beziehung verband, vermittelt einem das Buch auch Einblicke in das Leben Jackies, die man sonst nicht so ohne Weiteres bekommt.
Was mir gleich an dem Buch gefallen hat, ist der Aufbau: Hill beschreibt nicht einfach chronologisch seine Reisen, wie es der Buchtitel ankündigt – nein. Er hat sozusagen eine Rahmenhandlung.
Gemeinsam mit seiner Ehefrau macht er nämlich Klarschiff in seinem alten Haus. Bei dieser Aktion nun stoßen die beiden auf einen alten Schrankkoffer, der gefüllt ist mit Andenken an seine Zeit mit Jackie. Von selbst gebastelten Urkunden, über persönliche Schnappschüsse, bis hin zu kleinen Mitbringseln.
Mit jedem wichtigen Stück, das ihnen dabei in die Hände fällt, verbindet sich die Erinnerung an bestimmte Reisen, die er dann genauer vorstellt.
So ergibt sich bald nicht nur eine Idee, wie aufwendig und durchdacht die Reisen der First Lady waren, sondern man kann auch das eigene Bild des Präsidentenpaares vervollständigen. Tatsächlich schafft Hill es, dass man das Gefühl bekommt, man sei beinahe selbst auf diesen Reisen dabei gewesen.
Natürlich trägt der äußerst ausführliche und interessant gestaltete Bildteil sein Übriges dazu bei, dass man Seite um Seite genießt.
Allerdings spart Hill auch die düsteren Zeiten in Jackies Leben nicht aus. Zu ihnen gehört ganz ohne Zweifel der Tod ihres Sohnes Patrick, sowie die Ermordung Kennedys, die für Hill ein persönlicher wie beruflicher Alptraum war und ist. Nicht nur, dass er seinen hoch verehrten Chef verloren hat und danach die Qualen seiner Familie mit ansehen musste – er rechnete es sich zeitlebens als persönliche Schuld an, den Präsidenten nicht beschützt zu haben.
Auch dies ein roter Faden, der sich durch das Buch zieht. Seine immer wieder auftauchenden Gewissensbisse und das Gefühl, die nachfolgenden Ehrungen nicht verdient zu haben.
Für mich selbst die spannendste Reise (und politisch gesehen die wichtigste, die Jackie überhaupt je unternommen hat) war wohl jene nach Indien und Pakistan.
Zu jenem Zeitpunkt hatte sich die politische Lage zwischen Indien und Pakistan so verschärft, dass man sogar einen Atomkrieg zu fürchten begann. Pakistan hatte sich der Sowjetunion zugewendet und das musste sich ändern.
Der politisch überaus kluge Kennedy griff in dieser Lage zu einem Trick: Er reiste nicht selbst (das hätte zu viel Wirbel verursacht) – er schickte stattdessen seine Frau!
Jackie – weltläufig, schick und begleitet von ihrer Schwester Lee – startete einen Triumphzug.
In beiden Ländern wurde sie wie eine Königin empfangen. Und, dass es ihr großes Vergnügen bereitete, sieht man an jedem ihrer Schritte. Sogar einen Elefantenritt unternahmen die beiden Schwestern. Begleitet von der Weltpresse schaffte es Jackie sozusagen im Handstreich, das Image der USA auf Hochglanz zu polieren.
Als sie zum Abschluss dann auch noch in Pakistan ein unfassbar wertvolles Reitpferd geschenkt bekam, wurde sogar für eine First Lady ein absoluter Traum wahr.
Hill schafft es, den Lesern ein ungemein lebendiges Bild dieser Reise zu vermitteln, nicht zuletzt, weil er direkt in die Vorbereitung, wie auch in die jeweiligen Etappen, eingebunden war. Außerdem erhalten wir auch noch einen weiteren Blick hinter die Kulissen – wir erfahren nämlich, welche Anstrengungen Jackie unternommen hat, um ihrem geliebten Geschenk die Quarantäne in den USA zu ersparen.
Außerdem werden wir Zeugen, wie Jackie nach ihrer Rückkehr ausgelassen gefeiert hat …
Doch wir erleben Jackie nicht nur in jenen strahlenden Momenten, sondern auch in ihren schwärzesten Stunden. So als sie den heiß ersehnten Sohn Patrick verliert. Auf der nachfolgenden Reise, die ihr über den Schmerz hinweghelfen soll, ist Hill ebenfalls dabei und schildert ergreifend den Prozess, den Jackie hier durchmacht. Eine Reise, bei der sie eine Vorgehensweise erlernt, wie sie auch später mit Verlusten umgehen wird.
Es ist jener Todesfall, der das Ehepaar Kennedy einander wieder näher bringt. Gemeinsam planen sie ihr Landhaus „Wexford“ (benannt nach der Gegend in Irland, aus der die Kennedys stammen) und erleben dort ein letztes gemeinsames, entspanntes Wochenende bevor sie nach Dallas reisen.

Credit: Petra von Straks, September 2023
Das vorliegende Buch, so denke ich, ist nicht nur für eingefleischte Jackie- Fans ein Leckerbissen, sondern für jeden, der sich mit dieser starken Frauengestalt beschäftigen will. Hill schafft es, jenseits aller Hagiographien das Bild einer Frau zu vermitteln, die schwärzeste Zeiten durchlebt hat und dennoch am Ende stark und entschlossen für ihre Kinder und sich selbst eingetreten ist.
Hill schafft aber genauso eine Annäherung an die lustige, lebensfrohe, an die kreative und übermütige Jackie.
Sie hatte ein reiches und ausgefülltes Leben und dennoch wären ihr mehr Jahre zu gönnen gewesen.
In diesem Sinne können wir alle zu Hills Buch greifen und in der Zeit zurückwandern. Es lohnt sich auf jeden Fall.
Die Fakten:
Clint Hill: Meine Reisen mit Mrs Kennedy, Goldmann Verlag 2023, 288 Seiten, 20 Seiten
Zum Goldmann Verlag bei der Pinguin Randhomhouse Verlagsgruppe: https://www.penguin.de/Paperback/Meine-Reisen-mit-Mrs-Kennedy/Clint-Hill/Goldmann/e616482.rhd