Margaret, Mustique und Männer

Ein Mann steht still vor der im Boden eingelassenen Grabplatte der St. George’s Chapel in Windsor Castle. Schlank. Akkurat geschnittene graue Haare.
Doch seine Blicke gelten nicht jener Platte am Boden, sondern einem schmalen Stein, der wie an die Wand gelehnt wirkt.

Es ist der Grabstein von Prinzessin Margaret und der Mann ist Roderic Llewellyn. Er hat die Erlaubnis der Königin bekommen, an jenem zwanzigsten Todestag seiner ehemaligen Geliebten an deren Grab zu kommen und ihr seinen Respekt zu erweisen.

Gewiss wanderten seine Gedanken zurück zu jenen unbeschwerten Tagen an ihrer Seite, als die Luft vibrierte vor Liebe und Lebenslust.
Zu jenen Tagen auf Mustique, die sein Leben und auch das von Margaret für immer verändern sollten …

Margaret sagte immer gerne, „Les Jolies Eaux“ sei das einzige Haus, das sie nicht der Krone zu verdanken habe.
Aber stimmt das wirklich? Tatsächlich war der Boden, auf dem es gebaut wurde, ein Hochzeitsgeschenk von Colin Tennant. Der äußerst wohlhabende Tennant wiederum war mit Margarets Freundin Lady Anne Glenconner verheiratet und gehörte somit auch zu Margarets Set.
Es waren die Glenconners, die Margaret nicht nur mit Mustique bekannt machten …

Lady Glenconner hat übrigens als Autorin Furore gemacht. Ihre Autobiografie „Lady in Waiting“ sowie ihre Krimis, die teilweise auch auf deutsch erschienen sind, sind ebenso unterhaltsam wie gut geschrieben.

Tatiana Copeland, die damaligen Gastgeberin der Prinzessin, erzählt, dass Prinzessin Margaret nur dann ein zweites Mal deiner Einladung gefolgt ist, wenn du ihren Lieblings-Whiskey vorrätig hattest. („Famous Grouse“)
Hattest du dir nicht die Mühe gemacht, dich zu informieren und das Getränk heranzuschaffen, sah sie keine Notwendigkeit, sich die Mühe zu machen, ein zweites Mal zu dir zu kommen.

Die Insel war Margarets geheimes Refugium bis zu jenem Tag im Jahre 1976 als die News of the World die Fotos von Margaret mit dem Landschaftsgärtner Rowdy Llewellyn veröffentlichten.

Das Verhältnis der beiden dauerte zu diesem Zeitpunkt schon drei Jahre. Glenconner hatte die beiden miteinander bekannt gemacht.
Problem: Prinzessin Margaret war verheiratet. Mit Anthony Armstrong- Jones.
Und als wäre das noch nicht Skandal genug, war Llewellyn 17 Jahre jünger als Margaret. Das Paradebeispiel eines Toyboy.

Tatsächlich sah sich Margaret nach der Veröffentlichung dazu gezwungen, offiziell die Trennung von ihrem Ehemann bekanntzugeben.

Margaret begab sich normalerweise zwei Mal im Jahr nach Mustique: im Oktober/ November und dann noch einmal im Februar. Selbst mit dem Skandal blieb Mustique ihre Lieblingsinsel und die Copelands ihre Lieblingsgastgeber.
Sie lernten damals beide Margarets kennen, die nette, umgängliche Margaret und die hochnäsige, arrogante Margaret.
„Man wusste nie, welche von beiden vorbeikommen würde“, erinnert sich Copland noch heute. „Wenn man sie um sie kümmerte, ihr die Wünsche von den Augen ablas, hatte man die nette, lustige Margaret. Versäumte man etwas in der Richtung, konnte sie ziemlich übel werden.“
Traf man sie zum ersten Mal, sagte man „You Royal Highness“ und danach „M’am“.

Es wurde teilweise auch bizarr, denn wenn man Brite war, musste man einen Hofknicks vor der Prinzessin machen. Selbst im Bikini am Strand. Davon ausgenommen waren nur die Amerikaner.
Hatten die nicht deswegen die Revolution vom Zaun gebrochen? Na ja – also nicht wegen Margaret direkt…

Besonders für die Freunde, die sie von Mustique kannten, war der körperliche Abstieg der Prinzessin schwer zu verkraften. Sie sind sich noch heute sicher, dass sie nicht wollte, dass man sie so sehe.

Was aber wurde aus Mustique, beziehungsweise „Les Jolies Eaux“?
Margaret vermachte das Anwesen 1996 an ihren Sohn David Linley. Dieser wiederum verkaufte alles dem Geschäftsmann Jim Murray.

Jetzt kann man Les Jolies Eaux mieten. In der Nebensaison kostet es 21.000 Dollar pro Woche und in der Hauptsaison 62.000 Dollar. Aber alles halb so wild, denn der Preis beinhaltet fünf Angestellte und einen Koch.

Gäste waren Mick Jagger, Daniel Craig, Taylor Swift, Bill Gates, Victoria Beckham, Katy Perry, Orlando Bloom, Tommy Hilfiger und David Bowie. Dieser las jeden Dienstag den Schulkindern der Insel Geschichten vor. (Hatten wir von David Bowie etwas andres erwartet?)
Auch royale Gäste wurden schon auf der Insel begrüßt: Prince William, Princess Catherine und ihre Kinder.

Und Tennant selbst, dem einst Mustique gehört hatte? Er kam in finanzielle Schwierigkeiten und musste seine Anteile verkaufen. Er kam in den 80er Jahren noch einmal für eine Doku zurück nach Mustique und ließ ein gewaltiges Zelt errichten, um dort Prinzessin Margaret zu bewirten.
Heute sei Mustique nicht mehr die Party-Insel von einst, wo Prinzessin Margaret hart am Wind segelte. Es sei eine Familien-Zone geworden. Kinderaktivitäten. Das sei es, was Mustique heute ausmache.

Ob Margaret sich da noch wohlgefühlt hätte?