Wenn wir uns mit dem Thema James VI als Hexenjäger befassen, müssen wir uns noch einmal ins Gedächtnis rufen, wie das Denken der Zeit aussah …
Geprägt von magischem Denken waren für die Menschen des 16. und 17. Jahrhunderts Hexen und Magier kein Aberglaube, sondern Tatsachen.
Selbst viele der als Hexen angeklagten Frauen hielten sich dafür.
Warum? Nun, wenn man zum Beispiel eine Krankheit heilen wollte und zu diesem Zweck bestimmte Kräuter verabreichte und Gebete (Zaubersprüche) sagte, konnte man nie sicher sein, dass es klappen würde.
Im Gegensatz zur modernen Zeit, wo wir bei Kopfschmerzen eine Aspirin nehmen und im Normalfall davon ausgehen können, dass der Spuk nach einer Stunde vorüber sein wird.
Hatte man aber in jenen Zeit mit so etwas Erfolg, ging man davon aus, dass man schlicht und ergreifend – gezaubert hatte.
(Erinnert euch: damals standen „normalen“ Leuten keine naturwissenschaftlichen Erkenntnisse, kein rationales Denken zur Verfügung. Man wusste in weiten Teilen der Bevölkerung nichts von wissenschaftlichen Versuchen und Beweisen)
Man hielt also Hexen für ein Faktum.
Hexen wiederum können mit ihren herausragenden Fähigkeiten Gutes tun oder Schaden zufügen. So wie ein Metzger einen mit Fleisch versorgen kann, aber auch (mit verdorbenem Fleisch) umbringen.
Tut nun jemand Gutes, ist alles in Ordnung. Auch für die Hexe. Niemand klagt sie an. Alles ist okay.
Geschieht aber etwas Schlimmes in einer Gemeinschaft, sucht diese Gemeinschaft nach einer Erklärung. (Das machen wir heutzutage ja nicht anders. „Ich kann das gar nicht verstehen. Mr. Dahmer war doch so ein ruhiger, netter Mensch…“)
Erinnern wir uns abermals: In dem Besteckkasten mit Erklärungsansätzen, der den Menschen damals zur Verfügung stand, lag bestenfalls ein kleiner Löffel, wohingegen wir heute einen ganzen Schrank voll haben. (Und künftige Generationen wahrscheinlich wahre Lagerhallen.)
Und mit diesem einen Löffelchen suchten die Menschen nach Erklärungen und gleichzeitig nach Möglichkeiten, sich für die Zukunft vor solcherlei Schaden schützen zu können.
Fündig wurden sie dann im Normalfall bei der Hexe.
Man überlegte, was die Hexe dazu gebracht haben mochte, diesen Schaden anzurichten und kam auf Eifersucht, Neid, Vergeltungssucht etc.
Kurz: Gefühle!
Diesen Gefühlen nun stellte sich der König persönlich in den Weg.
James war sich seiner Rolle als Vater seiner Untertanen sehr bewusst. Er hatte von Gott selbst den Auftrag erhalten, Schaden von seinen Ländern fernzuhalten und das wollte er tun.
Allerdings war James ein Mann der Wissenschaft. Und so suchte er einen wissenschaftlichen Denkansatz, um das Übel des Hexenwesens zu beseitigen.
Jetzt müssen wir in James Vergangenheit zurückkehren. Genauer gesagt zu jener Zeit, als er die Hochzeit mit Prinzessin Anna von Dänemark plante.
Man hat sich oft gefragt, wie tief die Zuneigung zwischen den beiden gewesen sein mag. James, der ganz augenfällig mehr Interesse an Männern als an Frauen hatte und Anna, die sich scheinbar nur für ihr Äußeres interessierte.
Aber ich denke, man tut beiden Unrecht. Anna aus Unwissenheit und weil viel Parteiennebel den Blick auf sie verstellt. Und James, weil er ein Herrscher ist, der in kein Schema passt.
Zunächst würde ich behaupten, dass James eher bisexuell war, denn er hatte eine längsranhaltende Affäre mit Anne Murray, der späteren Lady Glamis. (Wir erinnern uns an das gleichnamige Schloss, das eng sowohl mit Macbeth als auch mit Elizabeth, der Königinmutter als deren Geburtsort, verbunden ist …)
Ich denke, die Anne und James verband eine tiefe Freundschaft und beidseitiger Respekt.
Woran ich das festmache?
An einem Gedicht.
So did my Queen from hence her court remove
And left off earth to be enthroned above.
She’s changed, not dead, for sure no good prince dies,
But, as the sun, sets, only for to rise.
James schrieb diese Verse nach dem Tod seiner Frau. Zwar hatten sie sich nach dem plötzlichen Tod Henry, dem Prince of Wales auseinandergelebt und unterhielten getrennte Hofstaate, doch das dürfte nicht außergewöhnlich sein, betrachtet man, was auch heute noch in vielen Ehen nach dem Tod eines Kindes geschieht.
Aber es gibt noch einen weiteren Punkt, der meine These stützt:
Normalerweise wartete ein König geduldig in der Heimat auf seine Braut. Nicht so James!
Als Anne ihre Heimat Dänemark mit Gefolge verlassen hatte, geriet sie in einen gewaltigen Sturm und das Schiff musste Schutz in Norwegen suchen.
James nun, als er von dem Unglück erfuhr, fackelte nicht lange, sondern machte sich umgehend auf den Weg nach Norwegen, wobei auch er in schwere Stürme geriet.